Süddeutsche Zeitung

Weihnachten: Einlass für Gottesdienst:"Großer Blödsinn"

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Sitzrecht und Platzrecht: Mit ihrer Forderung, dass nur Kirchensteuerzahler an Heiligabend in die Christmette dürfen, stoßen CDU- und FDP-Politiker bei den Kirchen auf wenig Gegenliebe.

Mit ihrem Vorschlag, nur Kirchensteuerzahlern Einlass in die Christmette zu gewähren, stoßen Vertreter von CDU und FDP bei den Kirchen nicht auf Gegenliebe.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) lehnt eine Bevorzugung von Kirchenmitgliedern bei den Weihnachtsgottesdiensten ab: "Der Gottesdienst richtet sich grundsätzlich an alle Menschen", sagte EKD-Sprecherin Silke Römhild in Hannover. "Gerade zu Weihnachten finden viele Menschen, die Antworten suchen, zurück zur Kirche", betonte sie. Fast alle evangelische Kirchengemeinden würden wegen des erwarteten Andrangs am Heiligen Abend mehrere Gottesdienste anbieten. Auf keinen Fall werde die evangelische Kirche Gottesdienstbesucher abweisen.

Auch die Deutsche Bischofskonferenz erklärte, es gebe keine Einlasskontrollen. "Die Pfarrgemeinden entscheiden selbst, ob es sinnvoll ist, Plätze für Ältere und Kranke frei zu halten", hieß es darüber hinaus. In vielen Kirchen gebe es wegen der zahlreichen Besucher auch zusätzliche Stühle. "Als missionarische Kirche freuen wir uns über jeden, der die Weihnachtsbotschaft hören will", erklärte eine Sprecherin.

Als "großen Blödsinn" gar wies der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ulrich Fischer, den Vorstoß aus der Politik zurück. Er sei "erschüttert, dass man einen solchen Gedanken nicht nur hegt, sondern auch noch öffentlich ausspricht".

Hintergrund der feiertäglichen Problematik ist die skurrile Forderung einzelner Politiker der CDU in der Bild-Zeitung. Demnach sollten Gottesdienste an Heiligabend vorrangig für Kirchenmitglieder geöffnet werden.

Das baden-württembergische CDU-Vorstandsmitglied Thomas Volk verlangte, zur Stillen Nacht nur noch Kirchenmitglieder einzulassen. So könnten Überfüllungen verhindert und ausreichend Sitzplätze für ältere Menschen vorgehalten werden.

"Ich bin dafür, dass Messen am 24. Dezember nur für Kirchensteuerzahler offen sind", erklärte CDU-Mann Volk. Wer nicht Mitglied der Glaubensgemeinschaft sei, müsse auf Gottesdienstbesuche an diesem Tag verzichten.

Mit seiner Idee, das Schönste, was die Kirche zu bieten hat, einen weihe- und stimmungsvollen Gottesdienst zu Weihnachten, denjenigen vorzubehalten, die die Kirchensteuer zahlen, ist der Konservative zwar nun auf taube Ohren gestoßen, doch mit seinem Vorschlag stand Volk keineswegs allein auf weiter Flur.

Der Vorsitzende der Berliner FDP-Fraktion, Martin Lindner, regte beispielsweise explizit ein Sitzrecht für Kirchenmitglieder in Gottesdiensten am 24. Dezember an - und hatte sich auch konkrete Gedanken gemacht. Lindner sagte zu Bild: "Kirchensteuerzahler dürfen bei so wichtigen Messen nicht die Dummen sein und draußen bleiben. Gemeindemitglieder sollten beispielsweise über Platzkarten vorrangiges Platzrecht bekommen."

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