Wagner-Nachfolge:Opern fürs Volk

Die neue Führung in Bayreuth verheißt mehr Nähe zum Wagner-Hügel: Bayreuths Einwohner hoffen, dass sich das Festspielhaus in Zukunft auch für sie ein wenig öffnet.

Olaf Przybilla

Das vielleicht Merkwürdigste an den Festspielen auf dem Grünen Hügel dürfte deren Bekanntheitsgrad in der Stadt Bayreuth sein. Zwar werden die Einwohner der oberfränkischen Verwaltungsstadt während des ganzen Jahres durch die Heimatzeitung über alles unterrichtet, was über den Hügel irgendwie berichtenswert erscheint - während der Festspiele bekommen die Bayreuther sogar nicht selten eine ganze Handvoll Sonderseiten.

Wagner-Nachfolge: Public Opern-Viewing in Bayreuth: Die Bevölkerung war dieses Jahr erstmalig mit dabei.

Public Opern-Viewing in Bayreuth: Die Bevölkerung war dieses Jahr erstmalig mit dabei.

(Foto: Foto: AP)

Wie es im Festspielhaus allerdings wirklich zugeht, wie sich dort oben etwa ein "Parsifal" anhört, darüber wissen die wenigsten Bayreuther Bescheid. Immerhin wartet man als normaler Opernfreund mindestens zehn Jahre auf eine Karte. Den meisten ist das zu dumm.

Fragt man nach den Änderungen, die der Abschied von Wolfgang Wagner für die Stadt Bayreuth bringen könnte, so ist wohl aus diesem Grund immer wieder von einer "Demokratisierung des Hügels" die Rede. Was offenbar auch heißen soll, dass es für die Bayreuther nicht mehr ganz selbstverständlich sein muss, dass städtische Kulturinvestitionen weitgehend der Sache Wagner zufließen - in der Universitätsstadt gibt es nicht mal ein professionelles Schauspielhaus.

Stattdessen sollen die Einwohner auch etwas haben von ihrem Hügel. Ein erstes Angebot wurde ihnen jüngst unterbreitet, die Stadt machte den Volksfestplatz zur Bühne für die Meistersinger. Wenn man bei diesem ersten Opern-Public-Viewing zu Bayreuth eines beobachten konnte, dann war dies der Wagner-Hunger, der die Einwohner der Stadt nach Jahrzehnten lediglich theoretischer Hügel-Beschäftigung offenkundig umtreibt. Zwar hatte man eine umzäunte Steinwüste zum Spielort auserkoren, die Bayreuther aber kamen in Scharen. Jeder Zweite der 75000 Einwohner wollte das gemeinsame Wagner-Hören miterleben.

Und nun? Es scheint klar zu sein, dass der Wagner-Clan das Festspielhaus fortan nicht mehr als exklusiven Ort für die Reichen und Wichtigen behandeln darf. Trotzdem bleibt ungewiss, wie sehr die Bürger der Stadt einbezogen werden. Katharina Wagner kündigte nach dem Coup auf dem Volksfestplatz sogleich "Tristan und Isolde" auf Großbildleinwand für das kommende Jahr an. 2013 soll dann der gesamte "Ring" auf 90 Quadratmetern Leinwand auf einem Schotterplatz zu sehen und zu hören sein. Neuerdings macht gar ihre Idee von einer Mitmach-Inszenierung für Kinder die Runde - nach dem Weggang des Prinzipals könnten die Bayreuther also ganz neue Seiten ihres Hügels kennenlernen.

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