Süddeutsche Zeitung

Vorzeitiges Ende:Ausstellungen ohne Publikum

Staatsgalerie Moderne Kunst verlässt Augsburger Glaspalast

Von Sabine Reithmaier, Augsburg

"Aufruhr in Augsburg" - der Titel der allerletzten Ausstellung der Staatsgalerie für moderne Kunst in Augsburg hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. In der Fuggerstadt hat sich niemand besonders aufgeregt, als der Freistaat Mitte 2017 den Mietvertrag für die Flächen im Glaspalast kündigte, fünf Jahre vor Ablauf des Mietvertrags. Inzwischen ist die Staatsgalerie Moderne Kunst ausgezogen. "Mit allem Anstand und ohne jedes Getöse", sagt Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. Eigentlich wollte die Staatsgalerie erst Ende 2020 die Halle verlassen. "Doch die Stadt hat uns wegen eines internationalen Projekts gebeten, schon vorher zu gehen", berichtet Maaz. Den Wunsch habe man in Absprache mit dem Ministerium erfüllt.

Seit 2006 hatte die Zweiggalerie der Pinakothek der Moderne Kunst ab 1945 gezeigt und war damit im Glaspalast beileibe nicht der einzige Aussteller, der sich moderner Kunst widmet. Direkt nebenan veranstaltet das H 2, das städtische Zentrum für Gegenwartskunst, seine regelmäßigen Wechselausstellungen. Oben befindet sich seit 2002 das Kunstmuseum Walter, das Zeitgenössisches aus der Sammlung des Glaspalast-Besitzers Ignaz Walter zeigt. Dazu gesellt sich noch die Galerie Noah. Eine Häufung von moderner Kunst also - "hochgradig ineffizient", findet Maaz. Gerade mal 5000 Besucher habe man pro Jahr gezählt, das sei zu wenig. "Wir müssen unsere Museen schließlich nach Effizienz und Akzeptanz evaluieren", sagt Maaz. Und da kann der Glaspalast mit der anderen Spielstätte für Moderne Kunst im Schloss Herrenchiemsee und 250 000 Besucher im Jahr nicht mithalten.

Während dort die "Königsklasse" weiter entwickelt wird, boten die Münchner den Augsburgern nicht viel Abwechslung. "Aufruhr in Augsburg" lief seit Juli 2015. Schon eine Abweichung vom jährlichen Turnus, den die Pinakothek versprochen hatte und der auch im von Maaz 2015 herausgegebenen Buch "Die Pinakotheken in Bayern" behauptet wird. Man habe eben das Personal für Wechselausstellungen nicht, sagt der Generaldirektor. "Wir stellen Konzept, Kunst, restauratorische Betreuung, Hilfe bei Aufbau und Installation, aber dann beginnt die Alltagsverantwortung des jeweiligen Partners." Im Fall des Glaspalasts war das die Stadt, die aber, so wirkte es jedenfalls, Probleme hatte, Aufsichten zu stellen. Bei jedem Besuch war man erstaunlich allein mit den Gemälden. "Die Sorgfalt ließ ein wenig zu wünschen übrig", räumt Maaz ein, der bei gelegentlichen Überraschungsbesuchen ebenfalls "gravierende house-keeping-Mängel" feststellte. Entscheidend für den Besuchermangel ist aber für ihn die schlechte Lage außerhalb des Stadtzentrums und die mangelnde Anbindung an die Innenstadt. Besucherparkplätze gibt es auf dem Firmengelände nicht.

Hochzufrieden ist Maaz dagegen mit seinem zweiten Augsburger Standort, der Staatsgalerie in der Katharinenkirche. "Dort haben wir 20 000 bis 30 000 Besucher im Jahr, die Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Schaezlerpalais läuft hervorragend", sagt er. Aufwand und Nutzen hielten sich hier eben die Waage, wie auch in den übrigen Filialgalerien in Bayern. "Wir planen keine weiteren Schließungen", versichert der Generaldirektor.

In Augsburg, das sich gerade intensiv mit den Entwicklungspotenzialen der städtischen Museumslandschaft befasst, macht man sich schon Gedanken über die Zukunft der knapp 2000 Quadratmeter, die jetzt frei sind. Die Halle ist als Standort für das "Newseum" im Gespräch, einer Außenstelle der Landeszentrale für politische Bildung, die Ministerpräsident Markus Söder den Augsburgern im Wahlkampf versprochen hatte. Wie und wann das Bildungszentrum für Neue Medien und Demokratie realisiert wird, ist noch unklar, eine Arbeitsgruppe aus Stadt, Freistaat und Landeszentrale hat erst im Sommer die Arbeit aufgenommen. Daher wird die Halle im Dezember erst einmal für die "Große Schwäbische Kunstausstellung" genutzt. Klingt irgendwie nicht sehr international.

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SZ vom 03.09.2019
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