Vorschlag-Hammer:Wunderbare Frauen und fiese Typen

Die "Me Too"-Debatte und all die Enthüllungen über Machtmissbrauch haben etliche Männer schwer verunsichert, das Bekenntnis zum Wunderbaren könnte ja falsch verstanden werden, als Übergriffigkeit oder Chauvinismus. Dagegen sind selbst wunderbare Frauen wie Catherine Deneuve machtlos

Kolumne von Josef Grübl

Frauen sind was Wunderbares. Das hört sich gut an, in den Neunzigerjahren hießen sogar Filme so. Etliche Männer trauen sich das aber nicht mehr zu sagen, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Die "Me Too"-Debatte und all die Enthüllungen über Machtmissbrauch haben sie verunsichert, das Bekenntnis zum Wunderbaren könnte ja falsch verstanden werden, als Übergriffigkeit oder Chauvinismus. Dagegen sind selbst wunderbare Frauen wie Catherine Deneuve machtlos: Als die Schauspielerin Anfang des Jahres in einem offenen Brief Männern die "Freiheit, lästig zu sein" zugestand, wurde sie so sehr kritisiert wie noch für keinen ihrer Filme. Die Zeiten haben sich geändert, das weiß jetzt auch Madame Deneuve, die es aber noch lange anders kannte: Da rissen die Helden in Kinohits einen frauenfeindlichen Spruch nach dem anderen, schrieben alte Männer lüsterne Bücher über Jungfrauen oder sangen Schlagersänger Lieder, bei denen einem die Ohren bluteten: "Des kloane Maderl war nix gschamig und setzt sich auf den Buam drauf. Und sie macht des erste Knopferl von ihrem engen Bluserl auf ..." Okay, so etwas in der Art singt der Österreicher Andreas Gabalier noch heute - und da er damit regelmäßig das Olympiastadion vollkriegt, gibt es zum Thema "Sexismus in den Medien" noch einiges zu besprechen.

Auch beim Filmfest München, das an diesem Donnerstag beginnt, wird darüber diskutiert, und zwar am Samstag, 30. Juni, von 14 Uhr an in der Black Box im Gasteig, Motto: #metoo: Mittendrin oder noch am Anfang? Und auch im Programm findet sich das Thema wieder. Welche Filme besonders sehenswert sind, entnehmen Sie bitte der zwölfseitigen SZ-Sonderbeilage "Filmfest München", die heute der Süddeutschen Zeitung beiliegt. Meine Kollegen und ich haben dafür viele Filme gesichtet, besonders gut gefallen hat mir das neorealistische Filmmärchen Glücklich wie Lazzaro von Alice Rohrwacher. Auch das britische Drama Kindeswohl, in dem der Filmfest-Stargast Emma Thompson eine Familienrichterin in Gewissensnöten spielt, fand ich sehr bewegend.

Regelrecht beschwingt war ich kürzlich aber woanders - und deshalb habe ich für die spontanen Leser unter Ihnen noch einen besonderen Tipp zu bieten: An diesem Donnerstagabend, 20 Uhr, wird in den Kammerspielen wieder Miranda Julys Der erste fiese Typ aufgeführt, inszeniert von Christopher Rüping. Das Stück steht zwar schon seit einem Jahr auf dem Spielplan, ist aber immer noch und immer wieder großartig. Vor ein paar Wochen habe ich es mir bereits zum zweiten Mal angesehen - und war entsetzt, wie wenige Zuschauer es außer mir noch sehen wollten. Fiese Typen kommen darin übrigens nur im Titel vor, auf der Bühne stehen ausschließlich Frauen, allen voran Anna Drexler, Maja Beckmann und die Sängerin Brandy Butler. Und eins sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Diese Frauen sind einfach wunderbar.

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