Vorschlag-Hammer:Wiedersehen in der Mediathek

Das Schöne an München ist, dass man gute Menschen immer wieder trifft, praktisch ganz von allein. Jakob Schreier zum Beispiel, gelernter Drehbuchautor und zufälliger Schauspieler

Von Christiane Lutz

Das Schreckliche an München ist ja, dass jeder jeden von irgendwo her kennt. Das Schöne an München ist aber auch, dass jeder jeden von irgendwoher kennt und man gute Menschen immer wieder trifft, praktisch ganz von allein. Jakob Schreier zum Beispiel, gelernter Drehbuchautor und zufälliger Schauspieler. Der tauchte vor ein paar Jahren in "Die große Schau" auf, ein erfrischendes kleines Unterhaltungsformätchen, das eine Weile am Volkstheater lief, jede Folge ein Mix aus Gespräch, Theater, Musik und Samstagabend beim ZDF. Schreier war der gewiefte Moderator, witzig, schnell und ein bisschen vorlaut. Seine Partner auf der Bühne waren der Schauspieler Leon Pfannenmüller und der Musiker Bulgan Molor- Erdene. Als "Die große Schau" eingestellt wurde, verschwanden auch Schreier und die anderen beiden. Ein kleiner Trauermoment war das schon.

Dann aber schalte ich Jahre später nichts ahnend den Fernseher an (gut, okay, ich klicke in die ZDF-Mediathek), und sehe, genau, Jakob Schreier. Schreier, der gerade vor einem Club steht und sich mit einer Frau unterhält. Die sagt: "Job hast du auch noch keinen? Krieg mal dein Leben auf die Reihe und mach endlich 'ne Therapie. Und schneid dir die Haare." Schreier guckt welpenhaft betroffen, aber gerade noch so zurechnungsfähig, dass man ihm gern in den Hintern treten möchte. Wie schön, ihn wiederzusehen! Jakob Schreier spielt Jaksch in der Serie Fett und Fett, ein dicklicher Dreißignochwas, der T-Shirts trägt, auf denen "My brain hurts" steht. Jaksch kommt nicht dazu, sich Gedanken über sein Leben zu machen, weil es immer irgendwo eine Party gibt, ein Bier, das getrunken werden will. "Fett und Fett" ist eine Idee von Schreier und der Regisseurin Chiara Grabmayr, die ersten Folgen landeten auf Vimeo. Das ZDF entdeckte die Serie und ließ sechs weitere Folgen produzieren. "Fett und Fett" lief kürzlich im ZDF zu einer Uhrzeit, zu der ich entweder schlafe oder selbst Bier trinken bin. Alle Folgen aber sind in der Mediathek zu sehen. Wer Theater und Film gern hat und in München lebt, wird diese Serie sehr mögen. An jeder Serien-Ecke nämlich gibt es einen Münchner Ort zu erkennen, ständig taucht ein Bekannter auf. Mehmet Sözer, Schauspieler am Volkstheater zum Beispiel, braucht Zuwendung und singt Karaoke, Katrin Röver spielt Jakschs empathiebefreite Psychologin, auch die Kollegen aus der "Großen Schau", hüpfen herum. Sogar Monika Gruber konnten die Serienmacher bequatschen, in der ersten Staffel eine kleine Rolle zu übernehmen. Wenig Serien schaffen es, so witzig über die an sich langweiligen Probleme der viel geschimpften Millenials zu erzählen.

In einer Folge bildet sich Jaksch ein, Regieassistent werden zu wollen, weiß aber auch nicht, warum eigentlich. Er sitzt also in einem Büro und wird vom Intendanten mitleidig angeseufzt. "Erzähl mal einen Witz", bittet der, da ist die Stimmung schon ganz unten. "Wie viele Performancekünstler braucht man, um eine Glühbirne rein zu schrauben?" Der Intendant sagt: "Fünf?" "Also ich weiß es auch nicht, ich bin vorher gegangen." Da muss der Intendant dann doch lachen - es ist Matthias Lilienthal, natürlich, der sich da selbst spielt.

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