Vorschlag-Hammer:Warten aufs Glück

Das Stück "Die Haltestelle" von Stefan Kastner ist nach mehr als zwei Jahren wieder im Schwere Reiter zu sehen

Kolumne von Egbert Tholl

Die Haltestelle an sich ist eine Bank, ein Mülleimer und ein Haltestellenschild. Darüberhinaus ist die Haltestelle die Markierung eines Transitbereichs, ein Zeichen für das Warten auf etwas, was garantiert nicht kommt, vielleicht ein Job oder eine Liebe oder halt ein Glück. Mit dieser Erkenntnis gelangt man zu der Haltestelle, die Die Haltestelle ist, ein Stück von Stefan Kastner, das dieser vor ein bisschen mehr als zwei Jahren im Schwere Reiter herausbrachte. Dort ist es jetzt wieder zu sehen, am 13. und 14. März, was zugegebenermaßen einen für diese Kolumne erstaunlichen Vorlauf bedeutet, aber es schadet gar nichts, sich die beiden Termine schon jetzt aufzuschreiben.

"Die Haltestelle" ist ein echter Kastner, mit einem Damenchor (Müttergesangsverein), mit Rainer Haustein, Uli Zentner und Susanne Schroeder, mit vielen Kastner-Menschen mehr, natürlich mit Inge Rassaerts, die hier mit absoluter Grandezza die Unstillbarkeit metaphysisch großer Gier und umfassende Lebensweisheit verkörpert. In der Aufführung finden sich Momente stiller Melancholie, die sich wie konzentrische Kreise auf einem einsamen See ausbreiten; es gibt viel insistierenden Wahnsinn, angewandte Philosophie, Poesie und auch Musik. Letztlich schreibt sich Stefan Kastner nicht nur mit dieser Produktion ein in eine Linie von Orlando di Lasso über Valentin, Kortner, Achternbusch zu sich selbst. Bei den 37. Bayerischen Theatertagen, die im Mai am Landestheater Schwaben in Memmingen stattfinden, ist Kastner übrigens auch vertreten, dort allerdings mit der "Sphinx von Giesing II".

Wer es stattdessen ganz konkret will, sollte den Kunstraum München besuchen. Dort ist bis 8. März noch die dokumentarische Videoinstallation abandoned positions von Sebastian Hirn und Lisa Hörstmann zu sehen, die eine Fülle hochspannender, schonungslos offener Interviews zum Irakkrieg 2003 zeigt, mit Kriegsveteranen, damaligen Kriegsgegnern, irakischen Flüchtlingen, entstanden zwischen 2015 und 2018.

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