Vorschlag-Hammer:Warten auf die Stars

Lesezeit: 2 min

Schauspieler dürfen auch einmal unpünktlich sein - wenn sie sich mit so einem netten Lächeln entschuldigen wie Marie Bäumer

Kolumne von Josef Grübl

Vor zwei Jahren war ich in Berlin mit Marie Bäumer zum Interview verabredet. Die Schauspielerin verspätete sich um eine Stunde, und ich war zugegebenermaßen genervt. Als sie erschien, zauberte sie aber ihr schönstes Filmstarlächeln ins müde Gesicht, am Tag zuvor sei es spät geworden, sagte sie entschuldigend. Daran erinnerte ich mich, zugegebenermaßen lächelnd, als Marie Bäumer vor Kurzem abermals zu spät kam. Wieder zu einem Interview, wieder musste ein Journalist auf sie warten. Allerdings in einem Film, Bäumer spielt darin die vom Leben erschöpfte Romy Schneider. Sie lädt einen Reporter zu ihrer Entziehungskur ein, was eine eher schlechte Idee ist. Allzu private Angelegenheiten sollte man nicht in die Öffentlichkeit zerren, viele Schauspieler wissen das heute, vielleicht haben sie von Romy Schneider gelernt.

Auch sonst gibt es hier viel zu lernen, über den ewigen Geschlechterkampf etwa, der ja in "Me Too"-Zeiten neu verhandelt wird. Sehenswert ist der Film auch wegen Marie Bäumer, die sich Hoffnungen auf den Deutschen Filmpreis machen kann, der am 27. April in Berlin verliehen wird. Ebenfalls nominiert ist ihre Regisseurin und Drehbuchautorin, die Sie, liebe Leser, noch vorher kennenlernen dürfen: Emily Atef stellt ihren Spielfilm 3 Tage in Quiberon am Dienstag, 17. April, in den Kinos Münchner Freiheit vor, hoffentlich ohne Warterei und mit einer lebendigen Diskussionsrunde im Anschluss. Überhaupt sind in den kommenden Tagen viele Regisseure in der Stadt, die sich mit ihrem Publikum austauschen wollen. Das kann man als Dienst am Kunden verstehen - oder als Versuch, der Kino-Frühjahrsmüdigkeit etwas entgegenzusetzen. Das ist auch dringend nötig, wenn man sich die aktuellen Besucherzahlen ansieht: Tolle Filme wie The Florida Project, Loveless oder Im Zweifel glücklich sind kürzlich leider untergegangen. Das soll dem Tibet-Drama Pawo nicht passieren, deswegen reist Marvin Litwak am Freitag, 13. April, zur Premiere im Mathäser an. Der deutsche Regisseur hat die auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte eines Mannes verfilmt, der sich aus Protest gegen die Besetzung Tibets durch China selbst anzündete. Über die Dreharbeiten in Indien kann er sicher viel erzählen.

Aus den USA angereist kommt Eugene Jarecki, er präsentiert am 18. April, im City, seinen Dokumentarfilm The King - Mit Elvis durch Amerika. Der Film verknüpft den Aufstieg Elvis Presleys mit dem von Donald Trump, während sich Stars wie Ethan Hawke oder Alec Baldwin fragen, wie Amerika so vor die Hunde gehen konnte. Am Tag darauf kommt Wim Wenders in die Kinos Münchner Freiheit. Dorf läuft die digital restaurierte Fassung seines Meisterwerks Der Himmel über Berlin. Wenders verriet vor Kurzem in einem Interview, dass er fleißig und zuverlässig sei, mit seiner Pünktlichkeit hapere es aber etwas. Sollte er sich also verspäten, üben Sie bitte Nachsicht mit ihm.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: