Vorschlag-Hammer:Von Königen und anderen Männern

Im Werkstattkino gibt es diese Woche zwei blutige Schwulenfilme. Die Geschichte von Harvey Milk, dem ersten schwulen Politiker, verkörpert von Sean Penn, erzählt von Gus Van Sant. Und den sehr subversiven Sebastiane von Derek Jarman

Kolumne von Fritz Göttler

Agustí Villaronga geht fremd. Der Meister des düster-poetischen spanischen Kinos ist für seinen Film El rey de La Habana/Der König von Havanna in die kubanische Hauptstadt gegangen, hat dem (Über-)Leben in den Straßen dort nachgeforscht, in den Neunzigern. Reinaldo flieht aus dem Jugendheim, schlägt sich allein durch, nur eine Prostituierte und ein Transvestit helfen ihm, er verdingt sich bei einem Totengräber oder auf ominösen Partys. Villaronga akzeptiert die schwarze Unbegreiflichkeit des Lebens, gleich mit seinem ersten Film hat er für Aufsehen gesorgt: "Im Glaskäfig", 1986, erzählt von einem ehemaligen KZ-Arzt, der in Spanien Unterschlupf suchte, seine Experimente mit Jungen waren immer auch schrecklich lustvolle Erfahrungen. Nun ist er gelähmt, auf seinen Beatmungsapparat angewiesen, von anderen abhängig, Opfer fremder Absichten und Manipulationen. Der Film war heftig diskutiert, wurde teilweise verboten. 1989 hat Villaronga dann "El Niño de la luna/Moon's Child" gemacht, nach einem Buch des Okkultisten Aleister Crowley. Beim "König von Havanna" ist er auch in München fremdgegangen - der Film läuft, an diesem Mittwoch, 13. Februar, im Studio Isabella, nicht im Werkstattkino, das uns immer wieder mit dem "Glaskäfig" verstörende Kinoerfahrungen machen ließ.

Im Werkstattkino gibt es diese Woche zwei blutige Schwulenfilme. Die Geschichte von Harvey Milk, dem ersten schwulen Politiker, der mehrfach für den Stadtrat von San Francisco kandidierte in den Siebzigern und dann von einem frustrierten Kollegen erschossen wurde, verkörpert von Sean Penn, erzählt von Gus Van Sant, 2008, mit von der Partie sind Emile Hirsch, James Franco, Diego Luna, Jeff Koons. Milk läuft hier von Montag an. Von Donnerstag bis Sonntag gibt es den sehr subversiven Sebastiane, 1976, den ersten Geniestreich von Derek Jarman, eine Art Homemovie aus der Römerzeit, Legionärsleben zur Zeit des Kaisers Diokletian. Viel Körperertüchtigung, eine Menge Männereifersucht. Inklusive Originalton Latein.

Ebenfalls reichlich mit Männern umgab sich Ludwig II., der König von Bavaria, der viel geliebte Kinokönig. In einer frühen Version aus dem Jahr 1930 ist er am Freitag im Filmmuseum präsent, Wilhelm Dieterle spielt ihn, als einen famosen Kraftkerl und führt auch, wie es sich für einen echten König gehört, selber die Regie. Er ging dann nach Hollywood und half dort ein paar Jahre später Max Reinhardt, dessen legendäre "Sommernachtstraum"-Inszenierung auf die Leinwand zu bringen. Ein Markenzeichen von ihm war, dass er beim Regieführen immer weiße Handschuhe trug - so wie's die royalen Diener zu tun pflegten oder die Kulissenschieber im Theater. Ein weiterer deutscher Mythos am Samstag im Filmmuseum: der Schriftsteller Peter Handke, der immer wieder mit Wim Wenders zusammen Filme machte und 1992 L'absence schuf, nach seinem eigenen Drehbuch natürlich, mit Bruno Ganz und Jeanne Moreau, die einst Handkes Geliebte war - "Du bist die Liebe meines Lebens" - und Sophie Semin, die Handkes Frau wurde.

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