Vorschlag-Hammer:Trommelfellfeuer

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Was für ein Eigentor: Der Fernsehsender Arte hat das Eröffnungskonzert in der Hamburger Elbphilharmonie um ein modernes Werk von Wolfgang Rihm gekürzt - und muss sich nun nicht wundern, dass viele Künstler darüber empört sind

Von Susanne Hermanski

Der Protest kommt spät aber doch: Uns ist ein Offener Brief an den Sender Arte zugegangen, den der Direktor der Musikabteilung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München, Peter Michael Hamel, gemeinsam mit dem Präsidenten der Freien Akademie der Künste in Hamburg und dem Vorsitzenden der Sektion Musik der Hamburger Akademie verfasst hat. Darin beschweren sich die zahlreichen Unterzeichnenden - darunter Christian Gerhaher, Peter Ruzicka, Hans Pleschinski, Gert Heidenreich, Wilfried Hiller und Michael Krüger - darüber, dass der Sender "trotz einer ausführlichen Ankündigung der Uraufführung als Höhepunkt des Eröffnungskonzertes der Elbphilharmonie das neue, extra für diesen Anlass geschaffene Hans-Henny-Jahnn-Werk von Wolfgang Rihm aus der Übertragung am Sonntag entfernt" hat. Und das Ganze obwohl sogar der NDR den Abend vollständig gesendet habe - als müsse der nicht um seine Quote bangen. Schließlich räumt Wolfgang Rihm selbst ein: "Meine Musik ist ein Angriff auf das Trommelfell".

"Ihr Arte-Spezial zur Eröffnung der Elbphilharmonie trägt den Titel ,Auftakt - für den Klang des Jahrhunderts'. Was für ein Eigentor, den einzigen Klang des 21. Jahrhunderts aus der Wiedergabe des Eröffnungskonzertes zu streichen!", heißt es in dem Brief. Auch wenn Arte denke, keiner habe es gemerkt, dass der Übergang von Wagner zu Beethoven derart reibungsfrei lief, sei doch "ein ganzer Berufsstand betroffen" und empört "über eine Absetzung, die einer Zensur gleichkommt".

Wie auch immer sich die Kollegen von Arte aus dieser Art von Eröffnungsgeschichtsklitterung bei Elphi herausreden mögen, ich will aus diesem Anlass zwei schöne Vorschläge aus dem Münchner Programm machen: An diesem Donnerstag führt das Münchner Kammerorchester - neben Britten und Mozart - im Prinzregententheater "Un leggero ritorno di cielo" von Stefano Gervasoni auf. Komponiert 2003, ein neues Auftragswerk fürs MKO ist schon in Arbeit. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks spielt Donnerstag und Freitag unter Mariss Jansons zum Auftakt seines Konzerts im Herkulessaal eine Rarität des - immerhin 20. Jahrhunderts: die Konzertouvertüre "Antigone", in der Vladimír Sommer 1957 den Todesmut der antiken Heldin in Töne setzte. Danach folgen Mahler und Rachmaninow.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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