Vorschlag-Hammer:Theaterlos

Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, weshalb es im August in München kaum Konzerte - es sei denn, man steht auf Orgel - und fast kein Theater mehr gibt. In der Vergangenheit haben immer wieder einzelne Veranstalter versucht, auch den Sommer zu bespielen, bald gaben alle auf, es scheint nicht zu funktionieren.

Von Egbert Tholl

Nun, jetzt ist erst mal nichts mehr. München im August, das bedeutet in erster Linie, man findet auch in Schwabing einen Parkplatz, man steht nicht mehr ewig an der Tränke im Biergarten an und man kommt dazu, die Fenster zu putzen. Recht viel mehr ist in der Stadt selbst nicht zu tun. Das Metropol-Theater spielt zwar, das Theater Undsofort auch, aber Premieren gibt es auch dort keine mehr. Es wird mir immer ein Rätsel bleiben, weshalb es im August in München kaum Konzerte - es sei denn, man steht auf Orgel - und fast kein Theater mehr gibt. In der Vergangenheit haben immer wieder einzelne Veranstalter versucht, auch den Sommer zu bespielen, bald gaben alle auf, es scheint nicht zu funktionieren.

Entweder wartet man also bis zum 25. August, da hat die Kammeroper München mit dem Barbier von Sevilla Premiere, oder bis zum 27. August, da bringt Andreas Wiedermann mit der Opera Incognita Wagners Rienzi heraus. Oder, eh klar, man reist. Nach Bregenz vielleicht, zu Make no noise, das seine Uraufführung 2011 als Stacheltierpavillon der Bayerischen Staatsoper hatte (17. August). Salzburg ist eh klar, falls man das Glück hat, eine bezahlbare Karte zu ergattern, wobei dort in diesem Jahr auch nicht viel Neues los ist.

Vielleicht geht es auch nicht immer ums Neue. Manchmal geht es auch um Sentimentalitäten. Dafür muss man nach Marl. Wo zum Teufel ist Marl? Das weiß ich gerade auch nicht genau, aber ich fahr da hin. Es muss im Ruhrgebiet sein, denn die Zeche Auguste Victoria dort ist eine der vielen Spielstätten der Ruhrtriennale. Am 2. September hat in der Kohlenmischhalle eine Inszenierung von Johan Simons Premiere, Die Fremden nach dem Roman "Der Fall Meursault" von Kamel Daoud. Dabei spielen neben anderen mit: Benny Claessens, Risto Kübar, Sandra Hüller. Alle drei sind ehemalige Mitglieder des Ensembles der Kammerspiele, und da die Kammerspiele inzwischen halt so sind, wie sie sind, muss man 550 Kilometer weit fahren, um diese geliebten Schauspieler mal wieder zu sehen. Für Sandra Hüller könnte man derzeit auch ins Kino gehen, aber das ist halt nicht Theater. Zwei Wochen später muss man dann nochmal hin, ins Ruhrgebiet. Dann nach Duisburg, um Birgit Minichmayr als Medea zu erleben, weil man die in München halt auch kaum mehr sieht und Susanne Kennedy dort Regie führt.

Die Lilienthalschen Kammerspiele eröffnen Ende September ihre Saison übrigens auch mit einer Bühnenadaption von Daouds Roman. Simons war schneller.

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