Süddeutsche Zeitung

Vorschlag-Hammer:Stimmen für die Kunst

Der gewaltige Haufen neu zu entdeckender Kunst in dieser Woche entspricht ganz meinem Geschmack: Es wurden so viele verschiedene Ausstellungen eröffnet und dazu finden diverse Kunstmessen statt, dass es eine wahre Freude ist

Kolumne Von Evelyn Vogel

Wer mich kennt, weiß: Je größer das Kulturangebot in einer Woche ist, desto lieber ist es mir. Jeden Abend unterwegs sein, von einer Vernissage zur nächsten eilen, Neues entdecken, Bekanntes in neuen Zusammenhängen sehen, sich mit anderen Besuchern über die Inhalte austauschen und dabei netzwerken - da bin ich dabei. Der gewaltige Haufen neu zu entdeckender Kunst in dieser Woche entspricht deshalb ganz meinem Geschmack: Es wurden so viele verschiedene Ausstellungen eröffnet und dazu finden diverse Kunstmessen statt, dass es eine wahre Freude ist. Dazu spannt sich der inhaltliche Bogen auch noch ganz weit von Alter Kunst bis hin zum Zeitgenössischen - wer sich hier langweilt, ist selbst schuld.

Am Mittwochabend hätte ich mich am liebsten klonen mögen. Nur zu gern wäre ich zum Künstlergespräch mit Hans-Peter Feldmann ins Lenbachhaus gegangen, wo dieser, wie ich hörte, außerordentlich amüsant über die 40-jährige Geschichte seines "Ladens" plauderte, einer installativen Arbeit, die das Lenbachhaus vor einiger Zeit erworben hat und derzeit wieder zeigt. Leider fand dieses Gespräch gleichzeitig mit der Eröffnung der Ausstellung Florenz und seine Maler in der Alten Pinakothek statt. Diese Sonderschau ist mit ausgewählten Stücken aus der eigenen Sammlung sowie vielen hochkarätigen Leihgaben ein Augenschmaus sondergleichen (bis 27. Januar). Da es die erste Ausstellung nach der langen Generalsanierung ist, lockte die Vernissage denn auch etwa 1400 Besucher an. So lange Schlangen hat man seit Urzeiten nicht mehr vor dem Museum gesehen. Bei der Langen Nacht der Münchner Museen an diesem Samstag wird die Florentiner-Schau leider nicht zu sehen sein. Ansonsten ist die Alte Pinakothek aber geöffnet. Ebenso wie neben vielen anderen das Museum Villa Stuck, das mit der neuen Ausstellung Thomas Hirschhorn "Never Give Up The Spot" (bis 3. Februar) sein 50. Jubiläumsjahr beschließt und für Staunen ganz anderer Art sorgen dürfte. Ich will hier nicht zu viel verraten, aber so etwas hat die Villa Stuck vermutlich seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt.

Außerdem finden diese Woche ja gleich drei Kunstmessen in München statt. Allen voran die Highlights in der Residenz mit ihrem erlesenen Angebot von Alter bis zeitgenössischer Kunst, ihr kleinerer Bruder, die Kunst- und Antiquitätenmesse, die erstmals in der Kleinen Olympiahalle stattfindet und auch für den kleinen Geldbeutel einiges bereithält, und die Paper Positions in der Alten Staatsbank, eine Spezialmesse für Papierarbeiten, bei der vor allem Zeitgenössisches angeboten wird. Und weil alle Messen noch bis einschließlich Sonntag geöffnet sind, möchte ich Ex-Kunstminister Wolfgang Heubisch zitieren: Der FDP-Mann und Häufelkönig seiner Partei hatte bei der Eröffnung der Highlights am Dienstagabend noch ganz im Wahlkampfmodus das Publikum darauf hingewiesen, dass hier "keine Stimmen, sondern rote Punkte" zu häufeln seien, dass jeder "nicht nur eine Stimme, sondern viele Stimmen" habe und das "nicht nur an einem Tag, sondern an vielen Tagen". In diesem Sinne wünsche ich noch vielstimmige Kunsttage.

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Quelle:
SZ vom 19.10.2018
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