Vorschlag-Hammer:Schrecken ohne Ende

Zwei Tage lang kann man auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest die Erfahrung machen, wie es ist, wenn einem zwölf Stunden lang immer weiter der Boden unter den Füßem weggezogen wird

Kolumne von Fritz Göttler

Horror wird erst richtig schön, wenn er in konzentrierter Dosierung kommt. Wenn einem zwölf Stunden lang immer weiter der Boden unter den Füßen weggezogen wird, von einer Einstellung zur anderen, wenn Figuren ihre Identitäten wechseln und Tote auferstehen. Wenn Grenzen mit einer übernatürlichen Leichtigkeit überschritten werden, die einen schaudern macht. Zwei Tage kann man diese Erfahrung noch machen auf dem diesjährigen Fantasy Filmfest, am Freitag gibt es hier den ersten Film um 13.30 Uhr, um 22.45 Uhr den fünften und letzten, am Samstag geht's schon um 12 Uhr los. Am Freitag um 20 Uhr ist immerhin ein Beitrag aus dem Wettbewerb von Cannes dabei, Under The Silver Lake, vom Horror-Wunderkind David Robert Mitchell, der mit seinem fantastischen "It Follows" für Furore sorgte. Andrew Garfield, ein Ex-Spidey, spielt einen lässigen Typ im lässigen L. A., der so ungeschickt ist, sich in eine junge Frau zu vergucken.

Fantasy von Ingmar Bergman, der zwischen seinen streng metaphysischen Schwarzweißdramen immer wieder lässige Rollenspiele veranstaltete: In Das Teufelsauge schickt der Satan einen Agenten auf die Erde, der soll verhindern, dass ein Pastorentöchterchen in aller Unschuld in den Stand der Ehe tritt. Der Agent ist Juan, Don Juan, und er bemüht sich nach Kräften, seinen Auftrag zu erfüllen. Den Film gibt es zum Start einer kleinen Bergman-Reihe im Filmmuseum, zum 100. Geburtstag, am Sonntag um 18.30 Uhr. Auch der Rest dieses Wochenendes ist Bergman light, Ehe- und Liebeskomödien, bei denen schon die Titel ganz beschwingt klingen: Lektion in Liebe und Das Lächeln einer Sommernacht. Nächstes Wochenende wird es dann wieder finster, mit "Abend der Gaukler", "Das siebente Siegel" und "Die Jungfrauenquelle". Dazwischen, am Dienstag, gibt es Margarethe von Trottas Auf der Suche nach Ingmar Bergman, mit jeder Menge junger Filmemacher, die vom Meister schwärmen, und lässiger Auftritte vom Meister selber.

Horror in Hollywood, dafür steht vor allem das Studio Universal in den Dreißigern, sie haben Dracula, Frankenstein oder die Mumie zum Bestandteil amerikanischer populärer Kultur gemacht. Die wenig bekannte, weil selten gezeigte Seite des Studios, vom Western bis zum Melodram, ebenfalls am Wochenende im Filmmuseum. Am Samstag um 21 Uhr läuft Seed, 1931, von John M. Stahl. Er ist ein Meister des frühen messerscharfen Melodrams, heute kennt man von ihm allenfalls den unglaublichen "Leave Her to Heaven", einen film noir in Technicolor, mit Gene Tierney. "Seed" handelt von der Prinzipien- und Treulosigkeit eines Schreibers, der sich verführen lässt vom Glamour einer Frau. Eine bunte Tragödie im Werkstattkino von Freitag an, Funerals Parade of Roses, von Toshio Matsumotot, ein Ödipus aus Japan, auf den Kopf gestellt, im Schwulenmilieu.

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