Vorschlag-Hammer:Musik aus Licht

Wer je einen Stummfilm im Kino sieht mit Live-Musik dazu, kann erleben, wie das Musikmachen lebendiger Menschen auch die Personen auf der Leinwand unmittelbar belebt. Sieht man dagegen den Film auf DVD oder im Fernsehen mit obligater Tonspur, dann geht genau dieser Verlebendigungseffekt verloren

Von Harald Eggebrecht

Film ist in seinen besten Werken eher mit der Musik als mit dem Theater verwandt. Gerade im Stummfilm kann man sich dieser Parallele kaum entziehen. Film ist also nicht abfotografierte Bühnenkunst, sondern vielmehr, um einen treffenden Ausdruck des großen Filmpioniers Abel Gance zu verwenden, "Musik aus Licht." Wer je einen Stummfilm im Kino sieht mit Live-Musik dazu, kann erleben, wie das Musikmachen lebendiger Menschen auch die Personen auf der Leinwand unmittelbar belebt. Sieht man dagegen den Film auf DVD oder im Fernsehen mit obligater Tonspur, dann geht genau dieser Verlebendigungseffekt verloren. Aus einem dreidimensionalen Erlebnis wird eine zweidimensionale Konserve der Vergangenheit. Gerade Festivals wie die heute endende Berlinale bieten daher die gute Gelegenheit, einige Schätze aus der Geschichte des Films wieder in ihrer unmittelbaren Wirkung verstehen zu können, weil man sie auf der Leinwand mit echter Musik zu hören bekommt. Der Begriff "Lichtspiele" hat dann plötzlich eine echte Resonanz.

Schlimm allerdings ist das, was oft als Klangmelasse unter Filme gegossen wird: ein klebriger, Fäden ziehender Musikbrei, der alles relativiert, mal, bei Liebesszenen, versüßlicht und sentimentalisiert, mal bei dramatischen Passagen durch drohende Klanggebärden unnötig verdoppelt. So wird Musik zum alles mit allem verleimenden Unterstrom, nicht aber ein einzigartig Atmosphäre schaffendes Element. Grandios zu erfahren bei Alfred Hitchcock mit seinem Komponisten Bernard Herrmann. Für 16 Hitchcock-Filme erfand Herrmann eine unverwechselbare, unvergessliche musikalische Atmosphäre.

Wenn wir nicht ins Kino gehen, dann dürfen wir auf keinen Fall den großen Jean-Guihen Queyras verpassen, der mit der Berliner Akademie für Alte Musik im Prinzregententheater Cellokonzerte von Joseph Haydn und Ignaz Pleyel spielt (25. Februar). Am Dienstag (27. Februar) gibt es Wahlqualen: Entweder zur jungen Cellistin Raphaela Gromes bei den Münchner Symphonikern in den Herkulessaal; oder zum ausgezeichneten Casalquartett in die Allerheiligen Hofkirche.

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