Vorschlag-Hammer:Miami? Nice!

In Florida ist die Aufmerksamkeit der Menschen für die Kunst beeindruckend und die Lust groß, Ausstellungen zu besuchen

Kolumne von Evelyn Vogel

Vor einigen Wochen war ich in Florida und erlebte ein Land, so fern von dem, was Big D. ständig hektisch durchs Netz twittert, dass ich die Gegensätzlichkeit umso mehr genoss. Die Aufmerksamkeit der Menschen für die Kunst war beeindruckend, und die Lust, die vielen verschiedenen Ausstellungen zu besuchen, wurde nicht einmal dadurch getrübt, dass manch großartige Werke in recht kleinkariertem Ambiente zu sehen war. Auch meine Vorstellung von Miami, geprägt von Fotobänden, Filmen und Fernsehserien, wurde auf angenehme Art und Weise enttäuscht. Die Art-déco-Architektur war noch hinreißender und das Licht noch goldener als erhofft. Der Selbstoptimierungskult am Strand gab sich beeindruckend sportlich und deutlich weniger glamourös als zu "Miami Vice"-Zeiten, und weiß-pulvrig war vor allem der Sand. Seltener anzutreffen als erwartet, waren die Alligatoren in den Everglades, dafür schwammen beim Schnorcheln die knuffigen Manatees so neugierig und in so großer Zahl um mich herum, dass ich noch immer total geflasht bin.

Aber eigentlich wollte ich ja von hiesigen Gegensätzen erzählen. Denn gerade sah ich die überraschende Kombination Baroque - Minimal in der Galerie von Arnoldi-Livie am Hofgarten (bis 31. Januar), wo ein paar tolle Papierarbeiten von Fred Sandback, Sol LeWitt, Carl Andre, Mel Bochner und Raoul De Keyser Federzeichnungen und kleinformatige Ölgemälden aus dem 16. bis 18. Jahrhundert kontrastieren. Durch die oft religiös ausgerichteten Themen bei der Alten Kunst geht so mancher Blick himmelwärts. Um den Himmel auf Erden geht es auch bei der kleinen Präsentation der Graphischen Sammlung im Vitrinengang der Pinakothek der Moderne, die am 24. Januar eröffnet. Zu sehen sind Zeichnungen zu italienischen Wand- und Deckengemälden. Während hier der Blick von unten nach oben geht, schaut man bei der Ausstellung Zero Gravity, die in der Eres-Stiftung bis 1. Februar verlängert wurde, mehr von oben (dem Weltall) nach unten (die Erde). Die erste Mondlandung im Juli 1969 hatte die Ausstellung zum Anlass genommen, künstlerische Auseinandersetzungen mit dem Thema zu zeigen.

Einmal den Blick nach innen und einmal nach außen richten die beiden kommenden Kapselausstellungen von Sung Tieu Zugzwang und Monira Al Qadiri Holy Quarter im Haus der Kunst, die Ende Januar eröffnet werden. Die deutsch-vietnamesischen Künstlerin Sung Tieu stellt die Inneneinrichtungen von Einwanderungsbehörden, Einwohnermeldestellen und modernen Strafvollzugsanstalten in den Fokus ihrer Betrachtung. Die senegalesische Künstlerin Monira Al Qadiri widmet sich mit Holy Quater den Weiten der großen Wüste Rub' Al-Khali und deren Transformation in den zurückliegenden Jahrzehnten. Das erinnert mich daran, wie ich das Buch von Michael Roes "Leeres Viertel. Rub' Al-Khali" vor zwanzig Jahren verschlungen habe. Ein guter Anlass, es mal wieder zur Hand zu nehmen.

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