Süddeutsche Zeitung

Vorschlag-Hammer:Man sieht nur mit der Nase gut

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Übel riechende Füße? Stecken Sie die Stinker einfach in einen Eimer mit Wasser und Tomatensaft, das hilft. Habe ich einmal gelesen. Gesehen habe ich dagegen einen Film, in dem ein Mann wegen Geruchsbelästigung aus einer Bücherei geworfen wird - da hilft auch kein Tomatensaft mehr

kolumne Von Josef Grübl

Entschuldigen Sie bitte, sind das Ihre Füße, die so unangenehm riechen? Das muss Ihnen nicht peinlich sein, an tropischen Tagen wie diesen dampft und brodelt es eben nicht nur in Köpfen und Töpfen, sondern manchmal auch in den Sandalen. Stecken Sie die Stinker einfach in einen Eimer mit Wasser und Tomatensaft, das hilft. Habe ich einmal gelesen. Gesehen habe ich dagegen einen Film, in dem ein Mann wegen Geruchsbelästigung aus einer Bücherei geworfen wird - da hilft auch kein Tomatensaft mehr. Der Film selbst ( Ein ganz gewöhnlicher Held, von und mit Emilio Estevez) stinkt leider etwas ab, zumal der Rauswurf Folgen hat: Ein Rechtsanwalt verklagte die Bücherei auf Schmerzensgeld, frei nach dem Motto: Jeder hat das Recht, so viel zu stinken wie er will.

Eine olfaktorische Herausforderung ist auch der neue, ganz fabelhafte Film von Pedro Almodóvar: In Leid und Herrlichkeit erinnert sich der Regisseur an seine Kindheit in La Mancha. Damals seien Filme an die Mauern im Dorf projiziert worden, bei Wasserszenen hätten die Kleinen aber immer pinkeln müssen und sich an den Mauern erleichtert. "Das Kino meiner Kindheit riecht nach Pisse, Jasmin und Sommerbrise", heißt es einmal im Film.

Jetzt ist das Kino eigentlich eine geruchsfreie Zone, zumindest auf der Leinwand - all die Experimente mit Aromakarten oder Duftorgeln konnten sich nie durchsetzen. Dennoch möchte ich Ihnen Filme empfehlen, die alle Sinne ansprechen: Bei den Münchner Filmkunstwochen stehen neben der Historienfarce The Favourite (die nach Puder, Schlamm und Karnickelfürzen riecht) auch viele Shakespeare-Filme auf dem Programm: Gleich drei Hamlet-Inszenierungen sind zu sehen, unter anderem ein Western und eine Groteske, überall ist aber etwas faul im Staate. Oder anders gesagt: "Mich dünkt, ich wittre Morgenluft". Und dann wäre da noch Macbeth (Ingredienzien Gift, Blut und Wut): Den drehte Roman Polanski 1971, nicht nur in Amerika wurde er dafür gefeiert. Sechs Jahre später verduftete er aus Hollywood - aber das ist eine andere Geschichte.

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SZ vom 27.07.2019
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