Vorschlag-Hammer:Klassische Gewinner

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Luther ist geade in aller Munde. Anlässlich des 500. Jahrestages der Reformation sind Biere und Züge nach ihm benannt, neue Gedenkstätten eingerichtet, alte aufgehübscht worden, gar nicht zu reden von der Flut an Büchern und Ausstellungen

Von Sabine Reithmaier

Manchmal gibt es so etwas wie ausgleichende Gerechtigkeit: Martin Luther ruinierte ja seinerzeit den Ablasshandel, weil es ihm missfiel, dass die Kirche mit dem vom Gläubigen teuer erkauften Sündenerlass ihre Haushaltslöcher stopfte. Aber dafür haben in diesem Jahr manche Wirtschaftszweige ganz gut vom Reformator profitiert. Anlässlich des 500. Jubiläums sind Biere und Züge nach ihm benannt, neue Gedenkstätten eingerichtet, alte aufgehübscht worden, gar nicht zu reden von der Flut an Büchern und Ausstellungen. Außerdem muss Luther als Playmobil-Männchen vermutlich für alle Ewigkeit durch die Welt geistern.

So gesehen ist die Aktion, die sich die evangelische Kirche Weilheim zum Abschluss des Reformationsjubiläums ausgedacht hat, doch sehr schön. Luther hat die Stadt zwar nie besucht. Aber dafür ist Philipp Geist dort geboren, jener Lichtkünstler, der die Gebäude und Plätze inzwischen weltweit zum Leuchten bringt, ein Meister der federleichten, flüchtigen und doch intensiven Momente. 500 - Kirche im Licht nennt sich die musikalisch untermalte Installation, die er für den Innenraum der Apostelkirche geschaffen hat (27. und 29. Oktober, 19 bis 21 Uhr). An den zwei letzten Tage des Reformationsjahrs illuminiert Philipp Geist die West-Fassade der Kirche, sicher ein sehr beeindruckendes Erlebnis (30./31. Oktober, 19 bis 22 Uhr, Apostelkirche, Münchener Straße 4).

Ebenfalls ein Meister, wenn auch einer anderen Kunst, ist Thomas E. Bauer. Vermutlich wird der Intendant der Europäischen Wochen in Passau und Initiator des Konzerthauses im oberpfälzischen Blaibach weniger als Sänger in die Annalen der Geschichte eingehen, sondern als Organisationsgenie. Er hat nie einen Zweifel an seinen Plänen gelassen, die Europäischen Wochen auszuweiten. Und es ist auch schon eine Weile her, dass er das einstige Domizil des Pianisten Wilhelm Kempff (1895 bis 1991) im italienischen Positano erstmals besuchte. Bauer fand es sehr schade, dass die legendären Beethoven-Kurse, die es dort früher gegeben hatte, nicht mehr stattfanden und sann auf Abhilfe. Inzwischen hat er mit der Kempff-Stiftung als Trägerin eine gemeinnützige GmbH gegründet, der er als ehrenamtlicher Geschäftsführer vorsteht. In dieser Funktion kümmert er sich um die Instandsetzung der Gebäude und engagiert sich für künftige Meisterklassen.

Passau profitiert auch davon, weil die Europäischen Wochen jetzt ein Wilhelm-Kempff-Klavierfestival veranstalten. Mit Herbert Schuch, Kit Armstrong und Anna Gourari kommen drei hervorragende Interpreten der jüngeren Generation nach Passau (27. bis 29. Oktober). Und der Nachwuchs wird auch gefördert: Mit Amadeus Wiesensee und Ingmar Lazar (28. Oktober) treten zwei Pianisten auf, die bereits mit Preisen überhäuft sind. Wenn das mal keine klassische Win-Win-Situation ist.

© SZ vom 27.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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