Vorschlag-Hammer:Kanarienvögel der Filmbranche

Die beste der aktuellen Tierfilmproduktionen ist "Isle of Dogs". Eine tollere Hundebande werden Sie nirgendwo sehen, weder bei Netflix noch auf der Hundewiese im Englischen Garten

Kolumne von Josef Grübl

Wenn gar nichts mehr geht, gehen immer noch Tiere. Diese Regel gilt nicht nur für den Münchner Lokaljournalismus und all seine Zamperl-Rettungsgeschichten, sondern auch fürs Kino. Dort sieht es derzeit nicht gut aus, die Besucherzahlen sind so niedrig wie nie. Das mag mit der allzu großen Netflix- und Amazon-Begeisterung des Publikums zu tun haben, vielleicht auch mit den hochsommerlichen Frühlingstemperaturen oder der Qualität der gezeigten Filme, sicherlich aber nicht mit den darin vorkommenden Tieren. Diese geben wirklich alles, zum Beispiel der weiße Riesengorilla George, der in der Haudrauf-Sause "Rampage" Hollywoodstar Dwayne Johnson an die Wand spielt (was Johnsons Mitspieler zwar regelmäßig schaffen, nur sind das eben keine Tiere). In Kinderfilmen wie "Peter Hase", "Mein Freund, die Giraffe" oder "Liliane Susewind" plappern die Viecher sogar.

Die beste der aktuellen Tierfilmproduktionen ist Isle of Dogs. Die zottligen Köter darin sind zwar eigentlich Puppen und ihre Probleme eher menschlicher Natur, eine tollere Hundebande werden Sie aber trotzdem nirgendwo sonst sehen, weder bei Netflix noch auf der Hundewiese im Englischen Garten. Ebenfalls mit tollem Hund, aber alles andere als süß ist Good Time: Der Thriller mit Robert Pattinson lief vor ein paar Monaten in den Kinos, leider unter Ausschluss der Öffentlichkeit, was vielleicht am irren Look des ehemaligen Teenager-Stars lag, aber auch nicht an seinem vierbeinigen Co-Star. Das Werkstattkino zeigt diesen Film noch bis Pfingstsonntag in der Spätvorstellung, er ist unbedingt sehenswert - Hunde streicheln will man danach aber erstmal nicht. "Isle of Dogs" und "Good Time" hatten ihre Premieren auf den wichtigsten Filmfestivals der Welt, in Berlin und Cannes, dort natürlich vor vollen Zuschauerrängen. Trotzdem machen sich die Festival-Chefs Sorgen, wie es mit ihnen weitergehen soll, was in Zeiten alldigitaler Verfügbarkeit von Filmen und Serien allzu verständlich ist.

Auch beim gerade zu Ende gegangenen Dok-Fest ging es bei einer Konferenz um die Zukunft der Branche. Gut gefallen hat mir die Rede von Arne Birkenstock: Der Kölner Filmemacher erzählte davon, dass im Bergbau früher Kanarienvögel als Warnsystem vor Sauerstoffmangel eingesetzt wurden. "Wir Dokumentarfilmer sind die Kanarienvögel der Filmbranche", warnte er seine Kollegen und verwies auf die miserablen Zuschauerzahlen von Kinodokus. Deshalb möchte ich Ihnen noch einen Dokumentarfilm ans Herz legen, passenderweise kommen darin auch Tiere vor: Auf der Jagd - Wem gehört die Natur? geht der Frage nach, wie der Mensch mit dem bisschen Natur umgeht, das noch da ist. Der Film läuft jetzt im Kino.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: