Vorschlag-Hammer:Horror international

Mit der Eisenbahn hat auch das Kino angefangen. Und die transkontinentalen Züge sind immer noch das Verbindende und Vereinende in Amerika heute

Von Fritz Göttler

Es gibt Bilder im Kino, an denen könnte man sich sattsehen, die sollten nicht enden. Der schwere lange Güterzug zum Beispiel, der sich langsam durch die weite Ebene in Montana schiebt in Kelly Reichardts neuem Film Certain Women, vor einem wuchtigen, schneebedeckten Bergmassiv, darüber ein dichter grauer Himmel. Ab und zu dringt die Zugsirene durch die klare Luft, das Klagen eines prähistorischen Tieres, ein Laut, das uns den Film hindurch begleiten wird, wenn er seine drei Frauen-Geschichten erzählt. Mit der Eisenbahn hat auch das Kino angefangen, und die transkontinentalen Züge sind immer noch das Verbindende und Vereinende in Amerika heute. Kelly Reichardts Frauen kämpfen um ihre Position in einer Gesellschaft, die von Männern dominiert ist - die gleichwohl Zeichen von Erschöpfung und Impotenz zeigen. Eine Anwältin, die in hoffnungslosen Fällen nicht für Hoffnung sorgen kann, eine Immobilienmaklerin, die ihr eigenes Haus bauen will, eine junge indianische Rancherin, die sich in eine junge angehende Anwältin verguckt. Es ist einer der schönsten Filme der letzten Monate, in seiner Anschaulichkeit, man bekommt ihn im Werkstattkino zu sehen, das seit einiger Zeit ein starkes Erstaufführungskino ist.

Um Drohgebärden und drohende Impotenz geht es im legendären Horrorkino des Universal-Studios der Dreißiger, die das Filmmuseum präsentiert, gestartet wird diesen Dienstag mit einem Filmfeature des Filmhistorikers Kevin Brownlow, das die Horrorfamilie vorführt, bis hin zu Frankenstein Meets The Wolfman und Son Of Dracula. Danach gibt es den klassischen Dracula, zweimal, zunächst mit Bela Lugosi, danach eine gleichzeitig gedrehte spanische Fassung. Horror international.

Den Wahnsinn der abartigen Einsamkeit, den die Universal-Filme zelebrieren, hat in den vergangenen Jahren vor allem die Mutanten-Serie um die X-Men aufgenommen, besonders intensiv leidet daran Wolverine. Dessen finalen Kampf gibt es in der Originalfassung im Gabriel, mittendrin ein ländlich-schönes Intermezzo über die Sehnsucht nach Frieden. Bei den Männern ist Einsamkeit etwas Erhabenes, meint Kelly Reichardt, bei den Frauen ist es dagegen immer gleich mit Tristesse verbunden.

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