Süddeutsche Zeitung

Vorschlag-Hammer:Hoffen auf die Scheune

Dass der Siegesentwurf beim Wettbewerb um den neuen Münchner Konzertsaal schon mit Spitznamen bedacht wird, lässt hoffen. Wäre es ein gesichtsloser Allerweltsbau, gäbe es nur Schulterzucken

Von Harald Eggebrecht

Es gehört zu den Ungewöhnlichkeiten einer Konzertsaison, dass nicht jeden Abend in allen Sälen der Stadt der Bär rockt. Daran wird dermaleinst, wenn er fertig sein wird, der neue Konzertsaal im ehemaligen Pfanni-Werksgelände, wenig ändern. Dass der Siegesentwurf beim Wettbewerb sogleich mit Spitznamen bedacht wird, lässt hoffen. Wäre es ein gesichtsloser Allerweltsbau, gäbe es nur Schulterzucken.

Natürlich hat Mariss Jansons recht, dass am Ende immer über Wohl und Wehe eines solchen Hauses entscheidet, was im Innern geschieht: die erklingende Musik. Übrigens: auch die beste Akustik löst nicht die Aufgabe, hier und jetzt unter den gegebenen Bedingungen gute Musik zu machen. Die Akustik kann aber dabei helfen. Den spektakulären Außenglanz der Opernhäuser von Sidney oder Oslo oder gar den Starglamour der Hamburger Elbphilharmonie wird unsere Klassikscheune sicher nicht erreichen. Trotzdem, seien wir froh, dass wir immerhin soweit sind, und es einen respektablen Entwurf gibt.

Bis wir irgendwann hinter den Ostbahnhof wandern in unser neues Klangparadies, gehen wir einfach dahin, wo die Musik jetzt spielt. Zum Beispiel tritt am Sonntag, 5. November, 18 Uhr, im Martinstadl in Zorneding einer der renommiertesten Cellisten nicht nur Skandinaviens auf: der kernige Finne Arto Noras mit Stücken von Debussy, Boulanger, Kokkonen, Sibelius und Franck. In der Woche hat man die Qual der Wahl unter exzellenten Pianisten: Am Dienstag, 7. November, fegt die junge Chinesin Yuja Wang im Gasteig über die Tasten bei Beethovens 1. Klavierkonzert mit dem Mahler Chamber Orchestra. Tags drauf, Mittwoch, 8. November, muss man sich entscheiden zwischen Daniel Barenboim mit dem 5. Beethoven-Klavierkonzert beim BR-Symphonieorchester unter Mariss Jansons im Gasteig; oder Siemens-Preisträger Pierre-Laurent Aimard mit Mozarts Konzert KV450 beim Australian Chamber Orchestra unter Richard Tognetti im Herkulessaal. Wer kein Klavier mag, kann sich stattdessen im Prinzregentheater vom fabelhaften Countertenor Philippe Jaroussky betören lassen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3734348
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 04.11.2017
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.