Vorschlag-Hammer:Hip-Hop-Tipps vom Rap-Verächter

Ein Basis-Beat und ein, zwei Samples, fertig ist die Klang-Tapete. Ich habe damit Probleme. Es geht aber auch anders

Kolumne von Oliver Hochkeppel

Mal wieder ein Geständnis: Ich mag Hip-Hop nicht. Halte deutschen Gangster-Rap für "eine Strafe Gottes", um den Kabarettisten Severin Groebner zu zitieren. Sehe die aktuelle Stagnation des Pop auch darin begründet, dass er so Hip-Hop-lastig ist. Der Grund ist einfach: Ich liebe Musik, in der es um Musik geht. Bei den meisten Hip-Hop-Tracks ist die Musik aber nur Staffage. Ein Basis-Beat und ein, zwei Samples, fertig ist die Klang-Tapete, auf der man dann seine Ergüsse vor sich hin murmelt. Dass die meisten Rapper auch nicht singen können, macht es nicht besser. Klar gibt es Ausnahmen, also so kluge oder witzige Texte, dass Abstriche bei der Musik zu verkraften sind, oder Künstler, bei denen die Waagschale in Richtung Musik ausschlägt - von Jan Delay mit seiner gnadenlos guten Band bis zu Cro mit seinem "Raop".

Hip-Hop ist, so kann man das vielleicht zusammenfassen, weniger ein musikalisches als mehr ein soziokulturelles Phänomen. Es geht ein bisschen um die meist selbstreferentiellen Texte, vor allem aber um das ganze Drumherum, von den Klamotten und dem Bling-Bling bis zum Lifestyle. Weswegen Rap-Fanzirkel manchmal Sekten ähneln. Man muss aber zugeben, dass Hip-Hop andererseits die Realität so klar und mutig beschreiben, so viel "gesellschaftliche Relevanz" entwickeln kann, wie es instrumentale Musik nicht und auch der restliche Pop nur selten kann. Was der türkische Sänger Şanişer mit 17 Kolleginnen und Kollegen gerade mit dem Protest-Rap "Susamam" gegen das Erdogan-System unter Beweis stellt.

Deshalb wird es für mich immer interessant, wenn diese Stärke in andere Stile und Genres einfließt. Etwa beim Jazz-Rap der Tanzkantine, die gerade ihr 25-Jahre-Album "Mit Pauken und Trompeten" herausbringen (live am 3. November im Technikum). Oder wenn Sängerin Yana Gercke vom Goethe Street Quartet sich beim Jazz-Song "Cold München" - Gewinner des "Stadtmucke"-Songwettbewerbs - eindeutig vom Hip-Hop-Sprachduktus beschleunigen lässt (13. September, Alte Utting). Oder wenn Frontmann Wenz Karger von der Traunsteiner Mundart-Band Heischneida zumindest die Strophen von Liedern wie "Barbarabar" oder "Satz mid X" mit kehligem Sprechgesang rappt statt singt (13. September, Vereinsheim). Auch dem Kabarett hat der Hip-Hop Impulse gegeben. Der Kölner Fatih Çevikkollu (17. September, Lach- und Schießgesellschaft) zum Beispiel schiebt zwischen seine Satiren gerne einen Rap dazwischen - war er doch vor seiner Kleinkunst-Karriere Mitte der Neunzigerjahre Mitglied der Hip-Hop-Truppe Shakkáh.

So, das waren jetzt wahrlich genug Hip-Hop-nahe Tipps von einem Rap-Verächter. Zum Ausgleich etwas völlig anderes: Zum 30. Geburtstag der Musikabteilung des Kaufhauses Beck verwandelt der Künstler Gregor Hildebrandt ebendort live Ton- und Videobänder in Kunstobjekte, untermalt von der Postpunk-Band Paar (auch am 13. September). Ach ja, und schon an diesem Donnerstag, 18 Uhr, signieren die Austropop-Wunderkinder Wanda im Optimal ihr neues Album "Ciao!" Die sind gewissermaßen das genaue Gegenteil von Rappern.

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