Vorschlag-Hammer:Glamour der Glühwürmchen

Journalisten arbeiten häufig antizyklisch. Wenn wir uns mit dem Filmfest beschäftigen, liegt der Start noch in weiter Ferne, und wenn das Fest dann beginnt, planen wir den Hochsommer.

Kolumne Von Bernhard Blöchl

Nun, da das Filmfest abgehakt ist, kann ich wieder klar denken. Durchschnaufen, endlich. Damit jetzt keine Verwirrung entsteht: Das stadtbeherrschende Festival beginnt erst an diesem Donnerstag. Vor den Besuchern liegen zehn herrlich heiße Tage in kühlen Kinos, mit Stars wie Antonio Banderas, Ralph Fiennes, Trine Dyrholm, den Fantastischen Vier und Jesse Eisenberg. Letzteren kennen Sie vielleicht in seiner Rolle als Facebook-Gründer Mark Zuckerberg in "The Social Network". Bei der Eröffnungsgala werde ich mir den New Yorker mal genauer anschauen: auf der Leinwand in der schwarzhumorigen Männlichkeitsstudie The Art Of Self Defense und in echt auf dem roten Teppich. Daran sieht man schon, abgehakt ist das Filmfest nur bedingt. Nur insofern, als eine große redaktionelle Herausforderung, ein SZ Spezial zum 37. Filmfest zu wuppen, gemeistert ist (liegt in weiten Teilen Bayerns dieser SZ bei und ist digital abrufbar).

Journalisten arbeiten häufig antizyklisch. Wenn wir uns mit dem Filmfest beschäftigen, liegt der Start noch in weiter Ferne, und wenn das Fest dann beginnt, planen wir den Hochsommer. Ich persönlich blicke bereits erwartungsfroh auf die Kinostarts von Danny Boyles Eine-Welt-ohne-Beatles-Experiment Yesterday (11. Juli) sowie Ed Herzogs alljährliche Eberhofer-Krimi-Fortsetzung Leberkäsjunkie (1. August), auf Konzerte der München-Graz-Pop-Allianz Fiva & Granada (6. Juli, Tollwood) oder des Rap-Surrealisten Käptn Peng (29. Juli, Ampere). Noch leichter fällt es mir an dieser Stelle, Ihnen meine persönlichen Tipps für das Filmfest zu geben, denn die sind ja längst festgezurrt: Im Neuen Deutschen Kino kann ich den Hybrid All I Never Wanted empfehlen, ein junges Gesellschaftsporträt zwischen Dokumentar- und Spielfilm über vier Frauen und ihr Streben nach Erfolg in der Model-, Kultur- und Medienwelt. Neugierig geworden bin ich auf eine Verführung aus Cannes, das forsche Drama Une fille facile, außerdem auf die neue Erlebniswelt Virtual Worlds im Isarforum, mit VR-Experimenten für jedermann. Vorbeischauen werde ich auch beim Filmfestival der Liebe, das Tele 5 am Kulturstrand mit Prominenz von Thomas Gottschalk bis Friedrich Liechtenstein, mit Open-Air-Vorführungen, Gesprächen und Boccia (!) auf die Beine stellt.

Ein anderes Erlebnis liegt ein paar Wochen zurück, das nun ebenfalls aktuell wird: Auf Gut Immling bei Bad Endorf im Chiemgau durfte ich Ende Mai in die neue Saison hineinschnuppern. Inzwischen läuft das Immling-Festival, unter anderem mit drei Opern-Eigenproduktionen. Und auch die Musikfilmtage Oberaudorf kann ich als zauberhafte Landpartie jedem ans Herz legen, dem die Stadt in diesen Tagen zu voll ist (3. bis 7. Juli). Vor ein paar Jahren war ich da, und ich kann mich gut an die Glühwürmchen erinnern, die uns Besucher im Kurpark bei den Open-Air-Filmen umschwärmten. München hat die Stars, Oberaudorf hat die Glühwürmchen. Sie haben die Wahl.

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