Vorschlag-Hammer:Dass es nur so pfeift

Ich war an Pfingsten in Hamburg, die Elbphilharmonie beeindruckte in ihrer architektonischen Eleganz, und das Konzert des Orchestre Philharmonique du Luxembourg ließ sich ebenfalls bestens an. Bis ein Pfeifen anhob...

Kolumne von Antje Weber

Wer nach Hamburg fährt, lernt mitunter München lieben. Dabei war es wirklich herrlich an Pfingsten im Norden, die Hansestadt zeigte sich von ihrer sonnigsten Seite, die Elbphilharmonie beeindruckte in ihrer architekttonischen Eleganz ungemein, und das dort bereits vor Monaten gebuchte Konzert des Orchestre Philharmonique du Luxembourg ließ sich ebenfalls bestens an. Bis ein Pfeifen anhob, das erkennbar nicht von den Bläsern stammen konnte und auch die Solistin Yuja Wang am Klavier zu irritieren schien. Irgendwann war allen im Saal klar: Die Klimaanlage hatte sich selbständig gemacht. Die Techniker bekamen das Problem im akustisch so fantastischen wie heiklen Saal auch in der Pause nicht in den Griff, und so pfiff es den Zuhörern weiter um die Ohren. Wie sagte ein Besucher: "Konzert für Klimaanlage und Orchester!"

So etwas habe ich, um hier einen bei mir seltenen Anfall von Lokalpatriotismus zu dokumentieren, in vielen Jahren als regelmäßige Konzertbesucherin in der Münchner Philharmonie im Gasteig nicht ein einziges Mal erlebt. Vor einigen Jahren flog einmal bei einem Konzert der Philharmoniker eine Fledermaus durch den Saal, hin und her, hin und her, sie kam nicht recht in den Rhythmus des Stücks und sorgte für ein kaum merklich an- und abschwellendes Raunen insbesondere aus den Sitzreihen, denen sie sich immer wieder näherte. Aber sonst? Weitgehend ungestörter Musikgenuss; ich gehöre, darin vielleicht zu sehr Klangbanausin, sowieso nicht zu denen, die wie einst Leonard Bernstein den Gasteig gerne abbrennen würden.

Und auch wenn ich trotzdem unbedingt jeden zu einem Besuch Hamburgs und der Elbphilharmonie ermuntern will, sei hier doch nachdrücklich noch der eine oder andere andachtsvolle Besuch des Gasteig empfohlen, bevor in zwei Jahren die Renovierung beginnt. Gleich an diesem Freitag spielt das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks in der Philharmonie; wegen Erkrankung von Mariss Jansons dirigiert Daniel Harding. Angesichts der Wetterlage kann man auch sonst eigentlich nur zu Veranstaltungen in Häusern mit funktionierender Klimatechnik raten. Etwas mehr Leidensfähigkeit braucht es dagegen in Räumlichkeiten wie der Bayerischen Akademie der Schönen Künste, wo am Freitag und Samstag Schriftsteller wie Peter Handke beim Petrarca-Fest schwitzen werden. Warum also nicht gleich Kultur draußen genießen? Im Literaturhaus zum Beispiel kann man sich bei der Reihe Sommerlese im Juli jeden Dienstag am frühen Abend mit einem kühlen Drink in einen Liegestuhl auf dem Salvatorplatz fläzen und etwas vorlesen lassen. Und beim Blick in den Himmel alle Gedanken an zu kalte oder zu laute Klimaanlagen abschalten.

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