Vorschlag-Hammer:Coole Kinderlieder

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Musik für den Nachwuchs ist meist schlicht grauenhaft. Es gibt allerdings Ausnahmen, an denen auch Erwachsene ihren Spaß haben können

Von Jakob Biazza

Falls Sie kleinere Kinder haben oder Enkelkinder und falls Sie mit diesen Kindern oder Enkeln ab und an oder gar regelmäßig Musik hören müssen, dann kommt jetzt ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, das Ihr Leben aus dem Stand um grob geschätzt 20 Prozent verbessert. Mindestens. Kinder sind schließlich schon lang ein gewaltiges Marktsegment. Quasi jedes Produkt, vom Shampoo bis zum Bioschafmilch-Scheibenkäse, wird mit kindgerechtem Comic-Aufdruck feilgeboten. Und natürlich auch Musik. Und wer kleine Kinder hat oder Enkel (oder auch nur Augen und Ohren), wird sicher gemerkt haben, dass der Kampf um den Biomilch-Scheibenkäse zwar zu hässlichen Szenen im Supermarkt führen kann, aber dass die nichts sind im Vergleich zur hirnfrittierenden Blödheit vieler Kinderlieder.

Hier also die Rettung: Es gibt (schon seit ein paar Jahren) den durchaus erfreulichen Trend hin zu Musik, die Kindern gefallen soll (und auch gefällt), dabei aber auch Gnade gegenüber den Eltern walten lässt - weil sie in Komposition, Arrangements und vor allem aber bei der Produktion so gehalten ist, dass sie kein Karies auf der Seele macht. Man nennt da seit einiger Zeit vor allem die Formation Deine Freunde. Das hat auch damit zu tun, dass der ehemalige Schlagzeuger der Band Echt zu der Formation gehört und außerdem der DJ von Fettes Brot. Bisschen Promibonus also. Aber der Hip-Hop, den die Band fürs Jungsegment zusammenbaut, geht auch künstlerisch durchaus sehr in Ordnung. Ich würde, aus Lokalpatriotismus aber auch aus Überzeugung, trotzdem noch ein bisschen mehr zu Muckemacher raten.

Die beiden Protagonisten leben inzwischen vor allem in Berlin, bildeten früher aber hier die Bläsersektion von Les Babacools, eine Band, deren Verschwinden man ja immer noch gar nicht genug betrauern kann ( Raggabund, das Projekt von Babacools-Frontmann Don Caramelo und seinem Bruder Paco Mendoza ist gerade wieder im Studio und im kommenden Jahr wieder auf Tour; das könnte ja als Methadon funktionieren). Als Muckemacher jedenfalls holen die Bläser den Sound der Münchner Formation in die Kinderwelt - aber eben ohne blöden Comic-Stempel. Ihr Reggae, ihr Rocksteady, der Latin, die Cumbia und die Soul-Anleihen sind das, was man unbedingt authentisch nennen kann. Echte, gute Songs anstelle der gezuckerten Klischee-Reproduktionen, die einem auf dem Markt sonst die Arterien verfetten. Richtige Instrumente, organisch und warm aufgenommen. Man merkt, dass die Musiker dieses Zeug inzwischen seit Jahrzehnten inhaliert haben. Dass sie sehr genau wissen, was sie da tun. Und dass sie sich nicht dümmer stellen als sie sind, nur weil ihr Publikum jung ist. Man merkt also, dass sie ihre Hörer ernst nehmen. Die Kinder und die Eltern. Was sich tatsächlich nicht ausschließt. Jüngst war bei einem Abendessen ein Vater zu erleben, der mit seinen Sohn den "Schokolade"-Song gesungen hat. Und es war nicht auszumachen, wem das jetzt besser gefallen hat. Gern geschehen!

© SZ vom 13.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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