Süddeutsche Zeitung

Vorschlag-Hammer:Ausgewachsene Kunstwerke

Der Engländer David Nash hackt und sägt seine Objekte aus Holz. Er nutzt Bäume, die ohnehin gefällt werden müssten. Jetzt zeigt das Neumarkter Museum Lothar Fischer 40 seiner plastischen Arbeiten

Von Sabine Reithmaier

Erst der Baum, dann die Form" lautet das Credo des Bildhauers David Nash. Der Engländer, 1945 geboren, hackt und sägt seine Objekte aus Eschen, Eichen, Buchen, Birken, Kirschen und Ulmen, nutzt Bäume, die ohnehin gefällt werden müssten. Seit 1967 lebt er in Nord-Wales, formt dort die meisten seiner Arbeiten, setzt sie gelegentlich auch dem Feuer aus, damit die Oberflächen verkohlen.

Berühmt ist sein "Ash Dome", eine seit 1977 in Kuppelform wachsende Gruppe von Eschen, die er in seinem Wohnort Blaenau Ffestiniog pflanzte. Gerade weil er seine Landschaften aus Holz meist in einer sinnlichen Beziehung zur Umwelt komponiert, passen seine Skulpturen gut ins Neumarkter Museum Lothar Fischer. Das Haus mit seinen vielen Ausblicken in den Stadtpark eignet sich ziemlich perfekt für Nashs auf einfache Grundformen reduzierte Ästhetik. 40 plastische Arbeiten und Zeichnungen dokumentieren, wie stark das bildnerische Denken des international agierenden Künstlers von der Natur geprägt ist (bis 3. Juni, geschlossen Montag und Dienstag, Museum Lothar Fischer, Weiherstraße 7a, Neumarkt).

Ebenfalls ideal zum Haus passt die Ausstellung im Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim). Beate Passow, die ihre Arbeiten häufig mit Hilfe von Textilien verwirklicht, hat eigens für das Museum einen Zyklus von fünf Werken geschaffen. Die schwarz-weißen Bilder wirken erst wie Fotos, entpuppen sich aber als Tapisserien. Der Münchner Künstlerin, die 2017 mit dem Gabriele-Münter-Preis ausgezeichnet wurde, geht es aber anders als David Nash nicht um Natur und Landschaft, sondern sie ergründet die Abgründe des gegenwärtigen Europa. Da scheint etwas gewaltig aus den Fugen geraten zu sein. Ein Berberaffe sitzt auf einer Kanone am Gibraltar-Felsen, Füchse vor dem Brüssler Atomium zeigen den Hitlergruß, ein Kentauren-Skelett galoppiert auf Lampedusa über gestrandete Flüchtlingsboote. Alles andere als eine positive Europabilanz, die sie in Monkey Business (fauler Zauber) zieht. Passend dazu liest Andrej Kaminsky, Schauspieler am Theater Augsburg, literarische Texte, in denen die Spezies der Affen dem Menschen den Spiegel vorhält (Mittwoch, 7. März, 19 Uhr im tim).

Ergänzt wird die Schau übrigens mit acht Arbeiten aus der Wanted-Serie, die Passow nach dem Terroranschlag auf das Bataclan in Paris begann. Plakate im Großformat, mit denen zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten nach Terroristen gefahndet wurde (Monkey Business, bis 1. April, Dienstag bis Sonntag, 9 bis 18 Uhr, Augsburg, Provinostraße 46).

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Quelle:
SZ vom 03.03.2018
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