Vorschlag-Hammer:Auf zur Kunst

Ein beliebtes Motto literarischer Veranstaltungen lautet "Literatur findet statt". Der Slogan löst bei mir regelmäßig eigenwillige Assoziationen aus

Von Sabine Reithmaier

"Literatur findet Stadt" - dieses ungemein beliebte Motto schmückt nicht wenige literarische Veranstaltungen. Keine Ahnung warum. Bei mir weckt der Slogan immer bloß seltsame Assoziationen. Vor meinem inneren Auge humpelt sofort eine dunkel gewandete, altmodisch anmutende Gestalt los, die dann keuchend mit letzter Kraft einen Stadtrand erreicht. In dem speziellen Fall, um den es hier geht, hat sie von Passau kommend gerade die A 3 mit ihren endlosen Lastwagenkolonnen hinter sich gelassen. Aufatmend bleibt sie an der schicken, neuen Continental-Arena Regensburgs stehen und bedauert leise, sich nicht gleich hier produzieren zu dürfen. An dem Punkt kracht die Assoziation dann schonungslos ins sich zusammen. Denn hier spielt im Augenblick ein Drittligist, weshalb der literarische Erstligist Reiner Kunze mit seinen subtilen und keinesfalls altmodischen Texten hier sowieso nicht herpassen würde. Dann doch lieber in die Dreieinigkeitskirche, wo der 83-jährige Dichter an diesem Freitag aus seinen Werken liest. Mit Sicherheit ein nachhaltiges Erlebnis, das sich die Regensburger nicht entgehen lassen sollten (17. März, 19 Uhr, Dreieinigkeitskirche).

Nicht um Literatur, aber um Bücher geht es in der siebten Ausstellung des Kunstraums Stoffen. In der kleinen Galerie von Otto und Monica Scherer sind nämlich Künstlerbücher zu sehen, unter anderem von Georg Baselitz, Hajo Düchting, Bettina Elsässer, Janos Fischer, Waltraud Flickinger, Eric Gand, Rolf Hegetusch, Daniela Kammerer, Mechthild Lobisch, Annette Vogel und Peter Weiersmüller. Lauter Bücher, die Malerei, Zeichnung und Plastik vereinen, dies aber auf ganz unterschiedliche Art und Weise. Auf jeden Fall sehenswert (bis 7. Mai, Sa. und So., 14 bis 18 Uhr, Stadler Straße 2, 86932 Stoffen).

Ein wenig geht es auch in der Ausstellung des Rosenheimers Kunstvereins um Buchstaben. Seit den Neunzigerjahren setzt sich die Bildhauerin Inge Regnat-Ulner in ihren blauen Stahlskulpturen mit dem Formenkanon des griechischen Alphabets auseinander. Unter dem Titel "Selbstbegegnung" zeigt die Künstlerin Arbeiten aus ihren wichtigsten Werkzyklen: Wand- und Raumreliefs sowie neuere Collagen (bis 9. April, Do., Fr., Sa. 14-17.30 Uhr, So. 11-17.30 Uhr, Klepperstraße 19, Rosenheim).

Ein "Writer" bestimmt auch die Streetart-Ausstellung "Won ABC & friends" im Buchheim-Museum. Won ABC alias Markus Müller, dem das Museum bereits ein großes Wandbild verdankt, greift an diesem Wochenende (18./19. März) erneut zu seinen Farbspraydosen. In Live-Performances stellt der Münchner Künstler sein neues Projekt All Chicken are beautiful vor. Thema ist die industrielle Massentierproduktion und die Selektion und Tötung männlicher Küken. Das geschundene Schredderküken wird ihm zum Spiegel menschlicher Existenz, wobei für ihn nichts und niemand "nur böse oder nur gut ist". Die Wahrheit liegt in den verschiedenen Abstufungen von Grau.

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