Vorschlag-Hammer:Alter schützt vor Rock'n'Roll nicht

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Was sich für diesen Konzertsommer angesagt hat, läuft größtenteils unter dem Rubrum "Graue Panther" und gehört zur Garde der Urgroßopas und -omas des Musikbusiness

Kolumne von Karl Forster

Es ist noch gar nicht so lange her, da jammerte ganz München, die Großen des Pop- und Rockgeschäfts mieden die schöne Stadt an der Isar. Was dieses Thema angeht, kann Entwarnung gegeben werden. Die Riege von Superstars, die der Stadt heuer die Ehre gibt, kann sich sehen und hören lassen; mit einer kleinen Einschränkung vielleicht, dass in manchem Fall der Veranstalter, möglicherweise aus Vorsicht, vielleicht aber auch, weil's zu den vertraglich festgelegten Pflichten gehört, ein Sauerstoffzelt für die Protagonisten aufstellen lässt. Denn was sich für diesen Sommer angesagt hat, läuft größtenteils unter dem Rubrum "Graue Panther" und gehört zur Garde der Urgroßopas und -omas des Musikbusiness.

Nur ein paar Beispiele aus den nächsten Wochen: Elton John (geboren 1947), Suzi Quatro (1950), Maceo Parker (1943), Bryan Ferry (1945), Udo Lindenberg (1946), Alan Parsons (1948), Phil Collins (1951), so die Liste nur bis Ende Juni. Und von den für diese Zeit angekündigten Bands sind oft auch nur noch Fragmente unter den Lebenden, man denke an die Eagles oder an Kiss. Und Amon Düül II, die mit Kraan (letztes Abschiedskonzert 2013!) am 1. Juni in der Luitpoldhalle auftreten, sind, ohne den Zusatz II, schon seit 1967 zu Gange. Dagegen sind Rammstein oder Tocotronic regelrecht junge Hupfer.

Nun ist dieses letzte (?) Aufbäumen der großen Alten möglicherweise der Tatsache geschuldet, dass sich mit CDs kein Geld mehr verdienen lässt, also muss für den Lebensunterhalt getourt werden. Es kann aber auch sein, dass einen die Musik, respektive das Musizieren einfach nicht mehr loslässt, dass es dieser ganz spezielle Augenblick ist, wenn man vor Abertausenden begeisterter Menschen seine Musik spielen darf, der einen immer wieder auf die Bühne lockt. Rod Stewart, Jahrgang 1945, zum Beispiel. Er kommt am 19. Juni in die Olympiahalle. Vor 28 Jahren habe ich ihn interviewt. Schon damals ging es ums Alter, und er meinte nachdenklich: "Ich kann das doch nicht ewig machen." Um dann aber festzustellen: "Es ist der Tod des Rock'n'Roll, wenn keiner mehr da ist, der diese rohe, dreckige, ehrliche Musik macht." So wird er auch diesmal wieder "Forever young" singen und "Sailing". Und die Worte "Can you hear me through the dark night far away" werden schwerer wiegen.

© SZ vom 17.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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