Süddeutsche Zeitung

Vorschlag-Hammer:Alter Polizeiruf, alter Witz und alter Blues

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Dann und wann lohnt es sich, daheim zu bleiben und den Fernseher anzuschalten - wenn einem nicht lohnenswerte Konzerte dazwischenkommen

Kolumne von Karl Forster

Gleich zu Anfang ein Sakrileg: Bleibt zu Hause am Freitag und schaut fern! Denn da gibt es um 22 Uhr eine Wiederholung mit Krimi-Kultur in feinster Art: Matthias Brandt gibt den Hauptkommissar Hanns von Meuffels in einer der schrägsten Münchner Polizeiruf-110-Folgen aus dem Jahr 2014 mit dem Titel Morgengrauen, wobei er sich in eine Gefängnispsychologin verliebt, die dummerdings eines Mordes verdächtig wird. Leider hat ja Brandt diesen Job aufgegeben, und leider wurde auch die für die Münchner Teile der einstigen Ost-Serie verantwortliche Redakteurin abberufen, was bezüglich dieses Solitärs unter den Krimireihen schwere Bedenken hervorruft. Unabhängig davon läuft am Sonntagabend ein Polizeiruf mit Charly Hübner, das tröstet und erleichtert die Abendplanung für diesen Tag.

Auch der Samstag könnte ein Kinotag werden, weil im Filmmuseum um 18.30 Uhr Aki Kaurismäkis Klassiker Leningrad Cowboys Go America läuft, ein musikalischer Wahnwitz mit der nach Selbsteinschätzung schlechtesten Band der Tundra, die die USA damals mit ihrem mehr als schrägen Sound und den noch schrägeren Frisuren in Angst und Schrecken versetzte.

Jetzt aber was ernsthaft Fröhliches: Bei den Fraunhofer Volksmusiktagen ist an diesem Samstag Quetschendatschi dran, ein Trio aus der Augsburger Gegend, das mit diatonischer Quetsche, Harfe und Helikon (einem der Tuba ähnlichen Bassblasinstrument) auf musikalische Europareise geht.

Mit Staunen und Verwunderung nimmt man zur Kenntnis, dass an diesem Samstag auch Karsten Kaie wieder mit seinem Caveman zu Gange ist (Schloss, 20 Uhr). Dieser theaterlange Monsterkalauer über die Beziehungsschwierigkeiten zwischen Mann und Frau nähert sich gefühlt der zehntausendsten Aufführung. Und es gibt immer noch Zuschauer, die Kaies bauchmuskeltrainierende Ausführungen nicht kennen.

Eine zahlenmäßig ähnlich hohe Bühnenpräsenz hat ein Künstler zu bieten, über den ich schon vor 40 Jahren erste begeisterte Rezensionen verfassen durfte: Willy Michl, der selbsternannte Blues-Indianer, den ich heute ab und an im Edeka in Pullach beim Einkaufen entdecke, bespielt am Sonntag den Freisinger Lindenkeller, einen Laden, den es schon so lange gibt wie Willy Michl "Blues goes to Mountain" singt.

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Quelle:
SZ vom 17.01.2020
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