Vorschlag-Hammer:Alte Helden neu entdecken

"Queen", die "Smashing Pumpkins", "Clawfinger" - es fällt in diesen Wochen leicht, musikalische Erinnerungen zu reaktivieren

Kolumne von Bernhard Blöchl

Neulich war ich im Kino, hinterher hat es geschneit. Meine Begleitung sang "The Snow Must Go On", klar, wir waren im Queen-Film. Bohemian Rhapsody ist auf vielfache Weise inspirierend, auch wenn hier und da an der Biografie der Band gedreht wurde zugunsten einer plotgetriebenen Verdichtung. Alte Helden neu zu entdecken, kann einen nostalgischen Trip in Gang setzen. So erinnerte ich mich, noch im Schneegestöber, an meine Kindheit, wie auf dem Bolzplatz die lässigen Jungs auf den windschiefen Holztoren saßen und den Rhythmus zu "We Will Rock You" klopften und klatschten, während ich, am Pfosten lehnend, innerlich mitwippte. Zum Mitwippen ist auch das Finale des Films, die exzessive Inszenierung von Queens Live-Aid-Auftritt 1985 im Wembley-Stadion. Das ist so überwältigend, da weiß man wieder, wofür Kinofilme gemacht werden. Und dass Queen nie Schnee von gestern sein werden.

Offenbar fällt es in diesen Wochen besonders leicht, sich den musikalischen Helden von früher zuzuwenden. Die Smashing Pumpkins, 1988 gegründet, haben just ein neues Album veröffentlich, das Billy Corgan mit den frühen Verbündeten James Iha und Jimmy Chamberlin eingespielt hat. Die Minisensation heißt sperriger, als sie klingt: "Shiny And Oh So Bright, Vol. 1 / LP: No Past. No Future. No Sun." In den besten Momenten lullt sie einen mit dieser vertrauten melancholischen Härte ein, die nur Corgan geben kann. Ich erinnere mich noch an seinen Kniefall vor dem Münchner Publikum bei der Abschiedstour in der Olympiahalle. 19 Jahre später kann man das erneute Aufblühen der Kürbisse bei Rock im Park in Nürnberg erleben (7. bis 9. Juni 2019). Für andere Neunzigerjahre-Bands braucht man München nicht zu verlassen: An diesem Donnerstag treten im Technikum Clawfinger auf, die mit ihren abgehackten Riffs, scharf wie Kettensägen, den Crossover-Sound ihrer Zeit prägten. Eine Woche später verwandeln die Tobsuchts-Oldies von The Prodigy das Zenith in ein Tollhaus für alle, deren musikalisches Herz noch immer im Breakbeat-Takt schlägt (28.11.). Zwei Tage darauf kommen Attwenger in die Milla. Das Duo aus Österreich ist ja schon deshalb ein alpenländisches Phänomen, weil sein reduzierter wie origineller Schlagzeug-Akkordeon-Hybrid bald drei Jahrzehnte überdauert - und noch immer fasziniert, wie Anfang Oktober auf der Oidn Wiesn zu erleben war. Cypress Hill, im selben Jahr wie die Smashing Pumpkins gegründet, haben nichts mit Ziehharmonika oder Melancholie zu tun, dürften aber wie all die anderen den Geist des späten vergangenen Jahrtausends heraufbeschwören (10.12., Zenith). Einen US-Hip-Hop-Geist mit Titeln wie "Insane In The Brain", bei dem damals niemand je an amtierende Präsidenten gedacht hätte. Gute Zeit.

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