Süddeutsche Zeitung

Vorbericht:Ernsthaft komisch

Verena Marisa und ihr Projekt Clæng

Von Jürgen Moises

Man kann etwas ernst und trotzdem mit Humor nehmen. So beschreibt Verena Marisa die zentrale Haltung hinter Clæng, ihrem Improvisationsprojekt, mit dem sie in der Milla auftritt. Es ist erst das zweite Konzert von Clæng, das erste fand vor drei Monaten ebenfalls in der Milla statt, beim aDevantgarde-Konzertabend "Young Lions Reloaded". Dafür sollte die deutschbrasilianische Komponistin ein "clubtaugliches" Improvisationskonzert auf die Beine stellen, das zum Festivalthema "Humus" passt.

Sie trommelte den Saxofonisten Jan Kiesewetter und den Bassklarinettisten Jakob Lakner zusammen, die sie von einem Workshop des Komponisten Eliott Sharp her kennt, holte die Sängerin und Bassistin Antonia Dering dazu sowie Clemens Kerzl an den Turntables. Das Ergebnis war ein Set mit dem Titel "Die dunkle Farbe des humosen Oberbodens", und es hat Publikum und Band so gut gefallen, dass sie sich fragten: Warum nicht damit weitermachen? Deswegen gibt es nun noch einmal den "humosen Oberboden", ergänzt durch ein weiteres Set zum Thema "Stratosphäre". Gewissermaßen dem gedanklichen Gegenpart zum Humus.

Zu beiden Sets hat die 1984 in Starnberg geborene und in München aufgewachsene Marisa die Grundstrukturen geliefert, die kompletten Stücke entstanden in Gemeinschaftsarbeit während der Proben. Aber es ist nichts notiert. Damit Freiraum für die Improvisation bleibt. Humor und Ernst, Humus und Stratosphäre: Solche Kontraste oder ungewöhnlichen Zusammenkünfte gibt es einige in der Biografie von Marisa. Dazu gehört etwa, dass sie nicht nur klassische Komposition an der Münchner Musikhochschule studiert hat, sondern auch Film- und Jazzmusik. Dazu gehört, dass man neben Clæng auch Kammer- und Orchestermusik in ihrem Repertoire findet, zwei Opern, Musik für Ausstellungen und Theaterperformances sowie für Filme wie "Operation Zucker" und "Ich will dich" von Rainer Kaufmann oder den ersten Franken-Tatort. Für eine der Opern bekam sie den Berliner Opernpreis, für die zusammen mit Gerd Baumann komponierte Musik für "Operation Zucker" den Deutschen Fernsehpreis.

Von Gerd Baumann, dem Marisa mehrere Jahre assistiert hat, stammt auch das Theremin, mit dem sie am Sonntag auftritt und mit dem sie 2015 bereits beim Nockherberg-Singspiel zu erleben war. Wie man auf dem 1920 von Lew Termen erfundenen, elektronischen Instrument spielt, hat sie bei der Großnichte des Erfinders Lydia Kavina gelernt. Für ungewöhnliche Klänge wie die des Theremins hat Marisa ein Faible, sie versucht auch sonst, soviel es geht, mit Klängen zu experimentieren. Davon zeugt etwa auch die Filmmusik zu "Ich will dich", die sie auf präpariertem Klavier komponiert hat. Aktuell arbeitet sie neben Clæng, von dem auch eine CD geplant ist, an der "kosmischen" Musik für den Science-Fiction-Tanzfilm "On Earth" von Ya'ir Magall. Der handelt von einem Wesen aus dem All, das die Erde erkundet. Für die Klangforscherin Verena Marisa und ihr Theremin klingt das nach der idealen Aufgabe.

Verena Marisas Clæng, Sonntag, 13. Sept., 21 Uhr, Milla, Holzstr. 28

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Quelle:
SZ vom 12.09.2015
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