Russische Gegenwartsliteratur :Lesen vernichtet

In Vladimir Sorokins neuem Roman "Manaraga" grillen Gourmets auf brennenden Büchern. Eine bittere Persiflage auf die Literaturkritik.

Von Ekaterina Kel

Das neue Buch des russischen Schriftstellers Vladimir Sorokin erzählt die Geschichte eines jungen Kochs namens Geza. Er brät seine Steaks und Filets auf offenem Feuer und als Brennholz dienen ihm Bücher. Geza verbrennt kostbare Erstausgaben und Manuskripte, damit superreiche Ganoven und dekadente Promis einen Leckerbissen genießen können. Schaschlik vom Stör auf Dostojewskis "Idioten", Garnelen auf Tschechows "Onkel Wanja", Lammkotelett auf Gontscharows "Oblomow" - Geza ist auf Klassiker spezialisiert. Im Jahr 2037, in dem er lebt, werden keine Bücher mehr gedruckt. "Lesen" heißt jetzt, gekonnt die Seiten mit einem Schwert umzublättern, damit das Buch gleichmäßig brennt und kein Ruß entsteht. Diese bittersüße Dystopie beißt sich mit der unverschämten Ruhe des Protagonisten. Alles geht seinen gewohnten Gang, er grillt und versteckt sich, denn "Book'n'Grill", wie sein Gewerbe heißt, ist illegal. Ein Weltenbummler, ein Heimatloser, ein Romantiker mit einem Drink in einer düsteren Bar am Ende eines anstrengenden Arbeitstages.

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