Wie peinlich ist es, wenn man den Text der eigenen Nationalhymne nicht kennt? Christina Aguilera versemmelt beim Super-Bowl ihren Auftritt - und sie befindet sich in bester Gesellschaft.
Es war Anfang der 80er Jahre irgendwo tief in der deutschen Provinz. Musiklehrer P., Zeuge einer längst vergangenen Zeit und dem Altersstarsinn immer mehr verfallend, nahm mit der Klasse 6d die deutsche Nationalhymne durch. Im Krieg hatte P. als Fallschirmspringer ein Bein verloren. Nun humpelte er auf der Prothese zum Schrank, in dem sich der Plattenspieler befand. Im Offizierston befahl er seinen Schülern, das Sprechen sofort einzustellen, sich zu erheben und staatsbürgerbrav die Hand ans Herz zu führen. Lachen verboten. Dann setzte P. mit klobigen Fingern die Nadel aufs Vinyl und drehte den Lautsprecher auf. "Mitsingen! Alle drei Strophen! Haben wir ja geübt!" Das Deutschlandlied erklang. Doch woher kam dieses unerträgliche Piepsen, das P. so störte? Handelte es sich um einen feindlichen Störsender? Nö, das war nur die Rückkopplung im Hörgerät der Schülerin C., Tochter des örtlichen Ohrenarztes. Unter P.'s wütenden Blicken verließ die Schülerin mit hochrotem Kopf das Klassenzimmer.
Ach, wäre es doch auch diesmal nur eine Rückkopplung gewesen. So aber war der Aufschrei gewaltig: Wie konnte es passieren, dass Popsängerin Christina Aguilera ausgerechnet beim Super-Bowl-Endspiel, dem größten Sportereignis der USA, beim öffentlichen Vortrag der Nationalhymne "The Star-Spangled Banner" derart patzte?
Text: Martin Zips / SZ 08.02.2011/ Bildauswahl: sueddeutsche.de