Süddeutsche Zeitung

Variete:Halligalli in der Lobby

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Die neue Gop-Show "Grand Hotel"

Von Barbara Hordych, München

Während in Zeiten wie diesen Rezeptionisten zunehmend überflüssig werden, weil Gäste in Automaten-Hotels das Einchecken selbst übernehmen, wächst parallel die nostalgische Sehnsucht nach "Grand Hotels". Nach Unterkünften, in denen die Tageszeitung vor der Lektüre vom Personal frisch aufgebügelt wird. So einer noblen Herberge huldigte vor vier Jahren Wes Andersons Filmkomödie "Grand Budapest Hotel", und auch das Gop-Varieté-Theater hat sich in seiner neuen Show eine derartige mythische Residenz zum Vorbild auserkoren.

In "Grand Hotel" lenkt Gilles le Leuch als Concierge "Monsieur Antoine" die revueartig arrangierten Geschicke in dem Nobelschuppen, unterstützt von seiner Frau Caroline Schroeck, die wunderbar komisch das leicht verschreckte Zimmermädchen Luise mimt. Dabei assistiert den beiden der russische Comedy-Clown Sergey Maslennikov, der mit seinen Jonglier- und Steppkünsten die Münchner auch schon im Circus Roncalli begeisterte.

Dieses Dienstpersonal bereitet eine glamouröse Silvestergala für seine Gäste vor. Dummerweise bleiben die für den Abend engagierten Künstler im Schnee stecken, ein Suchtrupp schwärmt vergeblich aus. Also muss wohl oder übel das Personal hoch hinauf - und zwar ans Trapez. Es ist hinreißend, wenn sich Caroline Schroeck in einem schrillen Achtzigerjahre-Aerobic-Outfit à la Jane Fonda in luftiger Höhe in den Seilen verdreht, während sie versucht, den Anweisungen zu folgen, die mal auf Deutsch, mal auf Japanisch per Fernschaltung vom Band kommen.

Glücklicherweise springt dann doch der eine oder andere Gast mit einer Darbietung ein. Da ist die Diva, die ständig die Temperatur des Badewassers moniert und auch schon mal mit dem Hotelboy auf dem Zimmer verschwindet. Oksana Konovaliuk zeigt alsbald, wozu der Inhalt ihres Koffergebirges eigentlich gut ist: Mit ihrem Mann Vadim wechselt sie in einem rasanten "Quick Change" Tanz- und Abendkleider. Und das russisch-ukrainische Akrobatik-Duo Roman Khapersky und Anastasia Sopilniak nutzt die Stärke des jeweils anderen, um Handstände auf ihm beziehungsweise auf ihr zu vollführen. Denn Anastasia ist eine Frau, die als "Untermann" ihren Liebsten mit Leichtigkeit (er)trägt. So ist der Abend gerettet - nicht nur für die Hotelgäste, die zu guter Letzt die Champagnerkorken knallen lassen, sondern auch für das zum Mitfeiern aufgerufene Publikum (noch bis 6. Mai).

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Quelle:
SZ vom 08.03.2018
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