US-Comedy:Trump profitiert von Trump-Parodien

Meryl Streep als Donald Trump

Das ist doch ... ? Ja, auch Meryl Streep hat sich schon als Trump versucht.

(Foto: Paul Zimmerman/Getty)

Vor einem Jahr hieß es, Trumps Präsidentschaftskandidatur sei "großartig" für die US-Comedy. Jetzt wird klar: Die US-Comedy ist großartig für Trump.

Von Luise Checchin

Donald Trump scheint abgenommen zu haben, so wie er da in der Garderobe sitzt und sein Spiegelbild betrachtet. Jetzt hebt er die Hand, kratzt sich unterhalb des Auges und - nein halt, da stimmt etwas nicht - er kratzt sich nicht, er schält sich die Haut ab. Erst die Kinnpartie, dann die Wangen, dann die Stirn. Aus Orange wird eine reguläre Hautfarbe und zum Vorschein kommt: Johnny Depp.

Diese Szene ist hinter den Kulissen von "Donald Trump's The Art of the Deal: The Movie" entstanden, einer Mockumentary, die so tut, als sei sie ein Trump-Porträt, das in den 80er Jahren vom Donald höchstpersönlich gedreht und dann weggesperrt worden ist.

Keine Überzeichnung, sondern eine präzise Charakterisierung

Dahinter steckt die Comedy-Website "Funny or Die", die vor einigen Monaten Johnny Depp dazu überreden konnte, für sie den Trump zu geben. Nun ist Depps Trump-Parodie keineswegs schlecht, aber es ist doch bezeichnend, dass einem nach 50 Minuten fiktiver Trump-Autobiografie vor allem der dreißigsekündige Bonus-Clip im Gedächtnis bleibt, in dem Johnny Depp sich die Maske vom Gesicht reißt. Das könnte daran liegen, dass in dieser Szene geschieht, was man eigentlich vom Film erwartet hätte: ein überraschender und dadurch komischer Effekt.

Etwas zu parodieren, heißt, es verzerrt darzustellen. Aus der Spannung zwischen Original und Nachahmung entsteht Komik. Genau hier liegt der Grund, warum es so schwierig ist, wirklich gute Witze über Donald Trump zu machen.

In "Donald Trump's The Art of the Deal: The Movie" wird Trump als narzisstischer, skrupelloser Geschäftsmann mit fragwürdiger Frisur und Gesichtsfarbe dargestellt. Das ist schwerlich eine Verzerrung der Wirklichkeit, sondern eine ziemlich präzise Charakterisierung. Selbst Trumps Anhänger dürften sich an einer solchen Darstellung kaum stören, sind es doch genau diese Charakterzüge - das Protzige, politisch Unkorrekte und Skurrile -, die Trump für sie so attraktiv macht.

Die Parodie ist die kontraproduktivste Form, Trump zu verspotten

Johnny Depps Imitation gliedert sich ein in eine lange Reihe mehr oder weniger gelungener Trump-Parodien: Meryl Streep tut es, Dirk Nowitzki tut es und natürlich die US-Comedy-Größen, allen voran Jimmy Fallon und die Besetzung der Saturday Night Live-Show.

Trump zu parodieren, so scheint es, ist die bevorzugte Methode, sich über ihn lustig zu machen. Das Problem dabei ist: Die Parodie ist auch die reizloseste und kontraproduktivste Form, Trump zu verspotten.

Sie ist reizlos, weil es kaum Spannung zwischen Original und Nachahmung geben kann. Trump vermag es so perfekt, sich als überzeichnete Kunstfigur zu inszenieren, dass jede komische Überzeichnung Trumps an ihre Grenzen stoßen muss. Das heißt natürlich nicht, dass eine Trump-Parodie nicht witzig sein kann. Aber es macht eben kaum einen Unterschied, ob man über die Parodie oder das Original lacht.

Peter Segal, Comedy-Autor und Radiomoderator, formuliert diese Trump-spezifische Problematik folgendermaßen: "Man kann sich nichts ausdenken, das er nicht selbst schon getan oder gesagt hätte. Er ist einfach so bizarr, extrem und übertrieben. Es ist, als ob er sich selbst karikieren würde."

In der Tat fragt man sich, wo bei Trump noch Raum zur Überzeichnung sein könnte. Unflätige Beschimpfungen? Peinliche Bildungslücken? Penis-Vergleiche? Alles schon von Trump höchstpersönlich erledigt.

Dies sind keine normalen Umstände und Trump ist kein normaler Kandidat

Unter normalen Umständen könnte man es also dabei belassen, der parodiefixierten US-amerikanischen Comedy Ineffektivität vorzuwerfen. Aber dies sind keine normalen Umstände und Trump ist kein normaler Präsidentschaftskandidat. Donald Trump gibt rassistische, sexistische und nationalistische Aussagen von sich und wird dafür gefeiert. Ihn als dümmlichen Angeber mit Styling-Problemen darzustellen, verharmlost ihn ungemein. Abgesehen davon füttert jede kleine, billige Trump-Parodie das System Trump mit seinem wichtigsten Treibstoff: Aufmerksamkeit, mag sie nun positiv oder negativ sein.

Ein Jahr ist es her, da brachte die Komikerin Tina Fey auf den Punkt, was damals alle dachten: Trumps Präsidentschaftskandidatur sei "großartig für die Comedy". Mittlerweile darf man wohl eher sagen: Die US-amerikanische Comedy ist großartig für den Präsidentschaftskandidaten Trump.

Trump umarmt die Parodien

Man muss sich nur anschauen, wie der ansonsten nicht gerade selbstironieverdächtige Trump mit seinen Doppelgängern umgeht: Er umarmt sie. Trump lässt sich von einem als Trump verkleideten Jimmy Fallon interviewen. Er steht als Gastgeber von Saturday Night Live mit zwei Trump-Doubles auf der Bühne und erklärt: "Einer der Gründe, warum ich hier bin, ist, dass ich weiß, wie man einen Witz einsteckt. Man hat in den letzten Jahren so viel getan, um mich lächerlich zu machen - diese Show ist ein Desaster für mich gewesen." Es ist natürlich ganz genau anders herum. Die Witze der vergangenen Jahre sind einer der Gründe, warum Trump als Präsidentschaftskandidat auf der Saturday Night Live-Showbühne steht. Jede Parodie befeuert den Hype um Trumps Person und bewirkt damit genau das Gegenteil dessen, was sie vorgibt zu tun: Anstatt ihm zu schaden, nützt sie Trump.

Nicht imitieren, sondern demaskieren

Dabei gibt es durchaus ein paar geglückte Versuche, politische Comedy über Trump zu machen. Comedy, die sich nicht oberflächlich mit der skurrilen Figur auseinandersetzt, sondern sich für Inhalte interessiert - so widersprüchlich und hohl die auch sein mögen. Da wäre etwa Samantha Bee, die sich mit einer Gruppe junger, studierter Trump-Anhänger trifft, um zu verstehen, was die dazu bringt, diesen Mann zu unterstützen. Die politische Diskussion, die sich dann entspinnt, ist lustig, weil Samantha Bee lustig ist. Vor allem aber zeigt sie die eklatanten Widersprüche auf, in die sich die Trump-Anhänger verstricken müssen, wenn sie versuchen, den wirren Positionen Trumps Sinn abzuringen.

Und da wäre natürlich John Oliver, der im Frühjahr einen zwanzigminütigen Monolog unter dem Motto "Make Donald Drumpf Again" hielt. In diesen 20 Minuten entzaubert Oliver das Phänomen Trump gründlich: seine Lügen, seine wirtschaftlichen Misserfolge, die Inkonsistenz seiner politischen Aussagen. Der Monolog ist beißend komisch, aber er ist auch sehr gut recherchiert und bezieht klar Stellung.

Bee und Oliver führen vor, wie Trump-Comedy funktioniert, die einem kritisch-aufklärerischen Impetus folgt: Nicht imitieren, sondern demaskieren. Vier Monate sind es noch bis zu den Präsidentschaftswahlen und man wünschte sich, mehr US-amerikanische Comedians würden ihrem Beispiel folgen. Denn natürlich muss man weiter Witze über Trump machen. Es wäre aber an der Zeit, das Witzemachen ein bisschen ernster zu nehmen.

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