Amerika hat in den zurückliegenden Jahren wenig Glück gehabt, und so würde man gern etwas erfrischend Freundliches über die vollendete Botschaft der Vereinigten Staaten sagen. Aber das scheint schwer möglich.
Die Fahne ist gehisst und die neue Botschaft der USA am Pariser Platz in Berlin bezugsfertig.
(Foto: Foto: Regina Schmeken)Man mag an den drei Seiten des Komplexes entlangschlendern, so oft man will, der Ärger über so viel Missgeschick weicht nicht. Unbeholfen wirkt die Kalksteinfassade am Pariser Platz; durch Monotonie, Zaun und gefängnistaugliche Lampen schreckt die dem Tiergarten zugewandte Seite an der Ebertstraße; und wer vom Holocaust-Mahnmal auf das seltsame Gebäude schaut, muss glauben, dass die Architekten hier endgültig Lust und Gestaltungsabsicht verloren haben. Dass man das Riesengemälde Sol Le Witts im Glaspavillon an der Behrenstraße auch von außen sehen kann, ändert daran wenig.
Das Gebäude ist, obwohl es sich in Material und Farbe der Umgebung anzupassen versucht, von peinigender Helligkeit. Angenehme Proportionen, rhythmische Akzente fehlen.
Die Eingangsrotunde und die aufgesetzte Laterne fügen sich nicht ins Ganze. Die Fenster sind so klobig geraten wie die osteuropäischer Grundschulen. Die Gitter darüber sehen aus, als wollte hier einer Riesenburger grillen. Die auskragenden Lamellen dienen dem Sonnenschutz und leisten unter ökologischen Gesichtspunkten gewiss Vortreffliches. Elegant aber oder angenehm ins Auge fallend sind sie nicht.
Seit Tagen entladen sich der Spott der Berliner und die Wut vieler Amerikaner, die in der Stadt leben, über dem Gebäude, das die letzte Lücke am Pariser Platz schließt. Was ist das für eine Großmacht, die derart belanglos baut, sich beinahe ängstlich präsentiert.
Wie konnte es dazu kommen? Die Architekten Buzz Yudell und John Ruble sind unprätentiöse, kultivierte Männer, erfahrene und vielbeschäftigte Baumeister. 1995 gewannen sie den Wettbewerb mit einem verspielten Entwurf: humanistisch-historistisch-postmodern. Seitdem wurde vielfach umgeplant.
Es dürfte nicht viele Bauwerke geben, über deren Details so viele verschiedene Experten gegrübelt, beraten und entschieden haben. Dem Störfeuer öffentlicher Debatten war man kaum ausgesetzt. Umso wichtiger waren die Sicherheitsfachleute, die nach dem Anschlag auf die Botschaft in Nairobi 1998 und dann erst recht im "Krieg gegen den Terror" gute Gründe und die Macht auf ihrer Seite hatten.
Ihr Einfluss erstreckt sich bis in kleinste Details, nicht nur auf Einlasskontrollen und Schilder an den Fahrstühlen, die das Verhalten bei Alarm erläutern: Abhauen oder "Duck and Cover".
Gesicherte Blumen
Das Gebäude musste zurückgesetzt werden, auch die Blumenrabatten hat man ins Sicherheitskonzept einbezogen. Die Fenster durften keine größeren Glasflächen besitzen. In menschenfreundlicher Gesinnung haben die Architekten so geplant, dass die sitzenden Angestellten dennoch ins Grüne blicken.
Lange wurde überlegt, ob die Botschaft nicht ganz an den Stadtrand ziehen sollte. Am Pariser Platz hatte sie vor Ausbruch des Krieges ohnehin nur kurz residiert. Dann entschloss man sich allen Befürchtungen und Auflagen zum Trotz dennoch für die vornehme Adresse.
Kürzungen des Budgets erleichterten die Umarbeitung des Entwurfs keineswegs. Die Arbeit daran, eingespannt zwischen Berliner Stadtplanung und Washingtoner Anforderungen muss zeitweise einem Albtraum geglichen haben.
Keine Spur von Repräsentation
Dennoch ist das, was jetzt da steht, nicht das Ergebnis eines Kompromisses. Eine starke architektonische Idee, die sich im Kampf widerstreitender Interessen hätte behaupten können, gab es offenkundig nicht. Zumindest ist keine Spur davon zu entdecken.
Zur Bauaufgabe Botschaft gehört - und das auch in Demokratien - die repräsentative Geste. Sie vermisst man hier vollständig. Deswegen fallen die Sicherheitsmaßnahmen so ins Auge. Sie müssen sein. Ein Staat der seine Angestellten nicht schützt, verletzt eine moralische Pflicht. Aber sie bleiben hier ohne Gegengewicht.
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