Kunst und Justiz:Raub von Raubkunst

Raubkunst Afrika Paris

Ausstellung von Statuen des afrikanischen Königreiches Dahomey im Museum am Quai Branly in Paris.

(Foto: Gerard Julien/AFP)

Ein aus dem Kongo stammender Mann hat ein Kultobjekt aus dem Pariser Ethnologiemuseum getragen, um den "gestohlenen Besitz Afrikas zurückzufordern". Dafür wurde er jetzt verurteilt.

Von Nadia Pantel, Jörg Häntzschel

Es geht um Diebstahl, soweit sind sich beide Seiten einig. Die Frage ist, wer der Dieb ist und wer der Besitzer. "Wir bringen es nach Hause", sagte der aus dem Kongo stammende Emery Mwazulu Diyabanza, als er im Juni, begleitet von Mitstreitern, die die Aktion live auf Youtube sendeten, ein westafrikanisches Kultobjekt im Pariser Musée du Quai Branly abschraubte und Richtung Ausgang trug. Er sei gekommen, um "den gestohlenen Besitz Afrikas zurückzufordern", der von den Franzosen in den ehemaligen Kolonien entwendet worden und der jetzt in ethnologischen Museen wie diesem eingesperrt sei.

Am Mittwoch wurde Diyabanza seinerseits wegen "schweren Diebstahls" zu einer Geldstrafe von 1000 Euro verurteilt, das Museum hatte Anzeige erstattet. Das Gericht folgte damit der Staatsanwaltschaft, die ein Strafmaß vorgeschlagen hatte, das einerseits "für Frieden" sorgen und andererseits "Nachahmer abhalten" solle. Ganz offensichtlich wollte es vermeiden, den Aktivisten durch eine hohe Strafe zu noch mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen als sie ohnehin schon bekommen haben.

Spätestens seit Präsident Emmanuel Macron 2017 angekündigt hat, Frankreich werde innerhalb von fünf Jahren die Bedingungen dafür schaffen, dass geraubte Objekte aus den ehemaligen Kolonien an diese zurückgegeben werden, wird in Frankreich wie in den meisten europäischen Ländern heftig über das Für und Wider von Restitutionen diskutiert. Mit Diyabanza hat sich in diese unter Wissenschaftlern und Museumsleuten geführte Debatte eine neue Stimme eingeschaltet: die der Einwanderer und Mitglieder der afrikanischen Diaspora. Der 41-jährige Aktivist lebt in der Pariser Banlieue. Er gehört einer Gruppe pan-afrikanischer Aktivisten an, die sich "Einheit, Würde und Mut" nennt und die für die Rückgabe afrikanischer Artefakte aus Europas Museen kämpft.

Warum solle er noch Eintritt dafür bezahlen, um das sehen zu dürfen, was seinen Vorfahren gehörte?

Als Jugendlicher habe seine Mutter ihm von drei Objekten erzählt, die früher zum Familienbesitz gehörten: ein geschnitzter Spazierstock, ein Leopardenfell und ein Armband. Es seien Geschenke des Königs für seinen Urgroßvater gewesen, die Macht und Autorität verbürgten. Im 19. Jahrhundert seien diese Objekte von europäischen Besatzern gestohlen worden. Diyabanza nennt den Kolonialismus die "Plünderung Afrikas". Seine Anwälte erklärten: "Wir werden die Sklaverei und den Kolonialismus vor Gericht stellen."

In einem Interview mit der New York Times erklärte Diyabanza die Wut, die er bei seinem Besuch im Quai Branly gespürt habe: "Dass ich Geld bezahlen musste, um etwas zu sehen, das mir gewaltsam weggenommen wurde, um dieses kulturelle Erbe zu sehen, das dorthin gehört, wo ich herkomme - das hat zu der Entscheidung geführt, zu handeln."

Zwar ist die von Macron ausgegebene Fünfjahresfrist noch nicht abgelaufen, doch bisher deutet nichts auf Restitutionen im großen Stil hin. In drei Wochen wird der Senat über ein Gesetz verhandeln, das in der Nationalversammlung einstimmig beschlossen wurde und das die Rückgabe von 26 Gegenstände an Benin vorsieht. Weitere Rückgaben sind vorläufig nicht geplant.

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