Tanztheater "Urlicht" in Kassel:Ritt durch die Hölle

Tanztheater "Urlicht" in Kassel: Verstörende Bilder in einer physischen Techno-Symphonie: "Urlicht" in der Choreografie von Andonis Foniadakis am Staatstheater Kassel.

Verstörende Bilder in einer physischen Techno-Symphonie: "Urlicht" in der Choreografie von Andonis Foniadakis am Staatstheater Kassel.

(Foto: Bettina Stöß)

Jetzt arbeiten also auch am Theater Kuratoren. Was heißt das fürs Publikum? Das kann man in Kassel sehen, wo gerade das fulminante Tanzstück "Urlicht" gezeigt wird.

Von Dorion Weickmann

Ursuppiger Nebel wabert über die Bühne des Kasseler Staatstheaters, quillt aus vier Tunneln, die sich zum Parkett hin öffnen und nach hinten im Nirgendwo verschwinden. Es hämmert, zischt, schnaubt von der Tonspur, während ein Mann und eine Frau im Sichtfeld landen, ausgespien von einer Röhre. Ein rohes Paarungsduell ohne jeden Lustfaktor hebt an. Er streckt sie nieder, nagelt sie an die Tunnelwand, bis ihre Unterschenkelzange seinen Nacken quetscht. Zwischendrin rettet sich das Paar in eine Umarmung, die Grundlage aber ist der Geschlechterkrieg, sind Gewalt und Gemetzel. Schon schießen zwei weitere Gestalten aus dem Dunkel, machen sich über die Frau her, reißen an ihren Gliedern, spreizen ihre Beine. Immer mehr Figuren, immer größere Kollektive sprinten aus der Finsternis. Das "Urlicht", das der Choreograf Andonis Foniadakis mit den Tänzern und Tänzerinnen des Staatstheaters Kassel entzündet, zeigt eine Seelenwelt in Flammen. Der Brand wird von Zerstörungsinstinkten befeuert, die dem Genom der Menschheit offenbar ebenso eingeschrieben sind wie dem Erbgut tierischer Bestien.

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