Urheberrecht für "Happy Birthday":Ab jetzt sind alle Marilyn

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Ob Südkorea, USA oder Deutschland: "Happy Birthday to You" darf jetzt jeder kostenfrei singen, auch zu kommerziellen Zwecken.

(Foto: imago/ZUMA/Keystone)
  • Anders als von Warner/Chappell behauptet, besitzt das Unternehmen keinesfalls die Urheberrechte an dem Geburtstagslied "Happy Birthday to You".
  • Dokumentarfilmer hatten auf Rückzahlung bereits geleisteter Lizenzgebühren verklagt.
  • Es könnten Tausende von Rückforderungen auf das Unternehmen zukommen.

Von Jürgen Schmieder

Nein, Marilyn Monroe musste natürlich keinen Cent bezahlen, als sie dieses Lied am 19. Mai 1962, zehn Tage vor seinem eigentlichen Geburtstag, im Madison Square Garden für John F. Kennedy hauchte und dabei dieses prächtige Kleid von Jean Louis trug. Sie wollte mit ihrer lasziven Interpretation von "Happy Birthday" schließlich kein Geld verdienen, sondern lediglich den US-Präsidenten erfreuen.

Es bezahlte dafür die Demokratische Partei, die bei dieser Veranstaltung mit 15 000 Gästen sehr wohl Geld einsammeln wollte und deshalb Lizenzgebühren entrichten musste.

So lief das 80 Jahre lang: Wer das laut Guinness World Records berühmteste Lied in englischer Sprache nicht nur vor Freunden und Familienmitgliedern vortrug, der musste dafür bezahlen: Filmemacher, Geburtstagskarten-Hersteller und selbst Restaurant-Besitzer, die ihren Gästen zum Geburtstag ein Ständchen trällerten.

Am Dienstag jedoch entschied der Bundesrichter George H. King in Los Angeles, dass diese Gebühren unrechtmäßig erhoben worden waren - das 1935 vom Unternehmen Summy Co. beantragte Urheberrecht habe sich laut der 43 Seiten langen Erklärung lediglich auf das Klavierarrangement bezogen. "Die Beklagten besitzen kein gültiges Copyright auf den Text des Liedes", schreibt King. Die Beklagten, das ist die Firma Warner/Chappell Music (Warner), die im Jahr 1988 für 25 Millionen Dollar das Unternehmen Birch Tree Group und damit die Rechte am Lied gekauft und seitdem - das kam während der Verhandlung heraus - pro Jahr mehr als zwei Millionen Dollar an Lizenzgebühren eingenommen hat.

Die Verhandlung: ein Kampf zwischen Gut und Böse

Durch das Urteil wird das Lied nun als Allgemeingut eingestuft und darf kostenfrei verwendet werden - es könnte darüber hinaus gravierende Konsequenzen für die komplette Unterhaltungsindustrie haben. Dokumentarfilmer hatten gegen die Lizenzgebühren geklagt, weshalb die Verhandlung zu einem Kampf zwischen Gut (unabhängige Regisseure, die wegen eines Neun-Sekunden-Ausschnitts abgezockt werden) und Böse (großes Unternehmen, das lange nach dem Tod von Künstlern von deren Werken profitiert) stilisiert worden war.

Nun haben die Anwälte der Kläger bereits angekündigt, eine Sammelklage anstrengen zu wollen, damit all jene, von denen unrechtmäßig Gebühren verlangt worden waren, ihr Geld zurückbekommen - und zwar nicht nur bis ins Jahr 1988, sondern womöglich gar bis ins Jahr 1935. Es könnte um sehr viel Geld gehen, falls sich viele Menschen der Klage anschließen.

Die Entscheidung von King befasste sich mit nichts weniger als mit der Entstehungsgeschichte des Liedes. Die Schwestern Patty und Mildred Hill komponierten im Jahr 1893 die Melodie für ein Kindergartenlied, das "Good Morning to You" hieß. Sie veröffentlichten das Lied im gleichen Jahr im Buch "Song Stories for the Kindergarten" und traten für eine Beteiligung an den Einnahmen die Rechte am Lied an den Verleger Clayton Summy ab.

"Der Antrag auf Urheberrecht ist fehlerhaft"

Im Jahr 1912 erschien der Song dann mit der Melodie der Hill-Schwestern und dem Happy-Birthday-Text unbekannter Herkunft, im Jahr 1935 ließ Summy das mittlerweile beliebte und berühmte Lied urheberrechtlich schützen. "Der Antrag auf Urheberrecht ist auf jeden Fall mangelhaft", schreibt King. "Angesichts der zahlreichen Fehler können wir nicht annehmen, dass zum einen Patty Hill die Texte verfasst hat und dass zum anderen Summy Co. jemals die Rechte an den Texten besessen hat."

Warner teilte mit, das Urteil erst ausgiebig analysieren und danach über eine mögliche Berufung entscheiden zu wollen - die allerdings von King genehmigt werden müsste, was als eher unwahrscheinlich gilt. Es könnte deshalb durchaus sein, dass Tausende von Rückforderungen auf das Unternehmen zukommen.

Vor allem aber darf nun erst einmal jeder "Happy Birthday" singen und damit auch Geld verdienen. Filmemacher, Geburtstagskarten-Hersteller, Restaurant-Besitzer - und natürlich auch jeder, der dem US-Präsidenten eine Freude machen möchte.

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