Süddeutsche Zeitung

Sprachkritik:"Klimahysterie" ist Unwort des Jahres

  • Mit der Formulierung würden Klimaschutzbemühungen diffamiert, erklärt die Jury.
  • Viele in Politik, Wirtschaft und Medien hätten den Ausdruck verwendet und "das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als eine Art kollektiver Psychose" pathologisiert.
  • Mit "Klimahysterie" wurde zum 29. Mal ein Unwort ausgerufen.

Das "Unwort des Jahres 2019" ist "Klimahysterie". Das gab die Jury in Darmstadt bekannt. Mit der Formulierung würden Klimaschutzbemühungen und die Klimaschutzbewegung diffamiert und wichtige Debatten zum Klimaschutz diskreditiert, erklärte die Jury des Sprachwettbewerbs.

Der Ausdruck, der von vielen in Politik, Wirtschaft und Medien verwendet worden sei, "pathologisiert pauschal das zunehmende Engagement für den Klimaschutz als eine Art kollektiver Psychose". Als Beispiel nannte die Jury AfD-Fraktionschef Alexander Gauland, der im im vergangenen Juni gesagt hatte: "Die Klimahysterie der anderen Parteien wird die AfD nicht mitmachen." Vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel sei das Wort zudem irreführend und "stützt in unverantwortlicher Weise wissenschaftsfeindliche Tendenzen". Der Ausdruck wurde neun Mal eingesandt.

Mit der Vergabe möchte die ehrenamtliche Initiative, der als feste Mitglieder vier Sprachwissenschaftler und ein Journalist angehören, auf öffentliche Formen des Sprachgebrauchs aufmerksam machen "und dadurch das Sprachbewusstsein und die Sprachsensibilität in der Bevölkerung fördern", heißt es auf der Homepage.

Missachtung von Menschenwürde oder demokratischen Prinzipien

Kritisiert werden Wörter und Formulierungen in allen Feldern der öffentlichen Kommunikation, "die gegen sachliche Angemessenheit oder Humanität verstoßen", etwa, weil sie das Prinzip der Menschenwürde ignorieren, einzelne gesellschaftliche Gruppe diskriminieren oder Prinzipien der Demokratie missachten.

Das "Unwort des Jahres" wurde 1991 von dem Frankfurter Germanistikprofessor Horst Dieter Schlosser initiiert. Seit 2011 ist die Darmstädter Sprachwissenschaftlerin Nina Janich Jury-Sprecherin. Vor einem Jahr war "Anti-Abschiebe-Industrie" zum Unwort des Jahres bestimmt worden. Davor waren es "Alternative Fakten", "Volksverräter" (2016), "Gutmensch" (2015) und "Lügenpresse" (2014).

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SZ.de/dpa/cag/sks
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