Unwort des Jahres: Alternativlos:Anders ist nicht

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Nachdem der "Wutbürger" das Rennen um das Wort des Jahres machte, wurden ihm gleich noch Chancen für das Unwort des Jahres eingeräumt. Nun fiel die Wahl auf einen anderen Begriff - er hat nicht nur mit Stuttgart 21 zu tun.

K. Riehl

Die Wahl des Unworts des Jahres lässt im besten Fall ein wenig blicken in die Seele der Bevölkerung. Wenn im Jahr 2008 zum Beispiel die "notleidenden Banken" ganz vorne standen, konnte man daran leicht den Unmut der Menschen darüber erkennen, dass verarmten Banken und den Verursachern der Armut größere Mengen Geld hinterhergeworfen wurden.

Nicht der Wutbürger hat das Rennen gemacht: "Alternativlos" ist zum Unwort des Jahres gekürt worden. (Foto: N/A)

In diesem Jahr, so muss man die Wahl wohl verstehen, ist es der Unmut der Bürger über die Entscheidungsfindung in der Politik gewesen, der bei der Ernennung den Ausschlag gab. Die Jury zum Unwort des Jahres unter der Leitung des Germanisten Horst Dieter Schlosser wählte den Begriff "alternativlos" aus 1.120 Vorschlägen zum Unwort des Jahres.

Und auch wenn die Annahme, das Wort des Jahres, der "Wutbürger", könnte auch gleich noch zum Unwort des Jahres gewählt werden, damit nicht bestätigt wurde: Aus der selben Frustration heraus stammen sie beide. Wenn Politiker Entscheidungen treffen und als "alternativlos" bezeichnen, also eine Diskussion von vornherein als unnötig abtun, bleibt dem Bürger - so mögen das viele sehen - nur noch die Wut und der Protest.

Zur großer Berühmheit gelangte der Begriff im vergangen Jahr vor allem durch die Finanzkrise und die Griechenlandhilfe. Kanzlerin Angela Merkel hatte eine Rettung der griechischen Finanzen für die Rettung des Euros gerne als "alternativlos" bezeichnet. Der Jury-Vorsitzende Schlosser wies aber darauf hin, dass der Begriff auch danach noch mehrfach von Politikern verwendet wurde, um deutlich zu machen, dass es zu einem Vorhaben angeblich keine denkbare Alternative gebe, so bei "Stuttgart 21". Das Wort suggeriere sachlich unangemessen, dass es bei einem Entscheidungsprozess von vornherein keine Alternative gebe und damit auch keine Notwendigkeit der Diskussion und Argumentation. So etwas drohe die Politikverdrossenheit der Bürger noch zu verstärken, warnte der Sprachwissenschaftler.

Seit 1993 wird Unwort des Jahres von einer unabhängigen Jury nun gekürt, im vergangenen Jahr hatte sie sich für "betriebsratsverseucht" entschieden. Hatte man bei der Wahl des "Wutbürgers" vor wenigen Wochen doch stark das Gefühl, die Gesellschaft für Deutsche Sprache könnte sich vor allem am Duktus der Talkshows bevölkernden Politiker orientiert haben, so kann die Wahl des Unworts ebendiesen Talkshow-Duktus ganz leicht seiner Irrsinnigkeit überführen.

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