Unsere Mainzels:Aus der Rippe des Mainzelmannes

Die Folgen der sexuellen Revolution stellen sich nun auch beim ZDF ein: demnächst wird man Mainzelmännchen-Filme mit Mainzelweibchen sehen.

TITUS ARNU

In der wundersamen Welt des ZDF leben rätselhafte Wesen: Dicke Volksmusikanten; lächelmanische Talkshow-Onkel; bunte Bambus-Bären. Auch eine Horde rundlicher, kichernder Kerlchen, die sich durchs Vorabendprogramm scherzen, gehört dazu - die Mainzelmännchen.

Unsere Mainzels: undefined
(Foto: SZ v. 30.04.2003)

Wieso eigentlich Männchen? Die komischen Wichte haben Zipfel, aber nur auf dem Kopf. Sie tragen auch keinen Bart wie richtige Zwerge. Die Stimme klingt eunuchenartig, so wie bei Michael Jackson. Sind die Typen schwul? Asexuell?

Maja Götz, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Internationalen Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen, definiert die Gnome tatsächlich als "nicht sexualisierte Wesen". In ihrer Arbeit über die Dominanz von männlichen Helden im Fernsehen beklagt sie, dass selbst geschlechtsneutrale Witzfiguren meist männliche Vornamen tragen. Und, tatsächlich: Die Mainzelmännchen heißen Anton, Berti, Conni, Det, Edi und Fritzchen. Hier könnte man zwar anmerken, dass ein Kerlchen, das nur quietschende Stammellaute von sich gibt und auf den Namen Fritzchen hört, kaum als moderner TV-Held gelten dürfte - aber die unschuldige Zeit der Mainzelheinis ist sowieso vorbei.

Denn das zeitgemäße ZDF produziert neue Mainzel-Folgen mit eindeutig weiblichen Wesen: Die Zwillingsschwestern Lea und Zarah treten von Oktober an beim Kinderprogramm Tivi ins Leben der Mainzelmännchen. Die Geheimsache Mainzelmädchen ist Teil einer notwendigen Verjüngungsmaßnahme für den wichtelnden Klassiker.

Nun also darf die Neue Film Produktion Animation Film GmbH aus Wiesbaden, seit 40 Jahren Heimstatt der Mainzelmännchen, Lebenshilfe geben. Jetzt geht es nicht mehr um die bekannten Clips, die als Kurz-Unterbrecher zwischen Werbespots Furore gemacht haben, sondern um 24 Kurzfilmchen von jeweils einigen Minuten als Teil der neuen Serie Die Mainzels. Eine Herausforderung für Wolf Gerlach, der bereits mehr als 50000 Mainzelmännchen-Filme hergestellt hat, wobei das ZDF mit dem Zwergen-Zölibat nicht schlecht gefahren ist. Sogar ein dänisches Nonnenkloster habe sich bedankt, weil die Späße moralisch hochanständig waren, berichtet Gerlach. Weil das pausenlose Gekicher und das aufdringlich-maskuline "Guhnaaaaaahmd!" jedoch Mainzelmädchen kaum beeindruckt hätte, musste man sich die erste allgemeinverständliche Mainzelsprache einfallen lassen. Und so ziehen, linguistisch vereint, Mainzelmädchen und Mainzelmännchen im Herbst zusammen mit Mainzelhund "Guuudnberg" in eine neu eingerichtete Mainzelvilla.

Zu befürchten ist freilich, dass es im Zuge der kulturellen Revolution in Mainz zum Äußersten kommt - Mainzelsex! Die Folgen könnten furchtbar sein: Mainzelbabys, Mainzelkinder, Mainzelpubertät (eine schreckliche Vorstellung) und am Ende eine Mainzelüberbevölkerung, ja, die totale Vermainzelung des ZDF. Es wird Zeit, dass die Mainzelpille eingeführt wird.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: