USA:Die US-Hochschulen rebellieren gegen Trumps Einwanderungspolitik

USA: Studenten protestieren an der California Polytechnic State University gegen die Innenpolitik der US-Regierung.

Studenten protestieren an der California Polytechnic State University gegen die Innenpolitik der US-Regierung.

(Foto: Joe Johnston/AP)

Offen für alle: Mit der Idee eines "Schutzraums" wollen einige US-Universitäten die Abschiebung ihrer Studenten verhindern. Funktioniert das überhaupt?

Von Anna Berg

Nach der Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten forderten Studentenbewegungen im ganzen Land ihre Universitäten auf, sie mögen sich zum "Sanctuary Campus" erklären. Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, er wolle hart durchgreifen gegen das "Problem der elf Millionen illegaler Migranten". Potentiell betroffen von einer solch harschen Wende in der Einwanderungspolitik sind auch Hunderttausende Studenten, die ohne regulären Aufenthaltstitel an einer amerikanischen Hochschule eingeschrieben sind. In Anlehnung an die "Sanctuary City" (siehe Nebentext) sieht das Konzept des Sanctuary Campus vor, dass Universitäten einen Schutzraum garantieren, in dem Studenten vor Abschiebung sicher sind. Aber geht das überhaupt?

Ein Wahlkampfvorhaben Trumps war, das DACA - kurz für deferred action for childhood arrivals - abzuschaffen, das 2012 unter Obama eingeführt worden war. Jungen Migranten, die vor ihrem 16. Lebensjahr in die USA gekommen sind, garantiert eine Registrierung bei dem Programm einen vorläufigen Schutz vor Abschiebung. Rund 750 000 Menschen sind derzeit bei DACA registriert, unter ihnen viele Studenten. Wie soll man auch Seminararbeiten schreiben, Prüfungen bestehen und auf Jobsuche gehen, wenn über allem der Schatten einer möglichen Abschiebung liegt? Das DACA hatte da eine gewisse Sicherheit gegeben - zumindest bis zum Abschluss der Ausbildung.

"Das Schlimmste für diese Studenten ist die Unsicherheit seit Trumps Amtsantritt", sagt Ruth Berktold, die als Gastprofessorin für Architektur im Januar für ein Semester von München an das City College New York gekommen ist. In ihre erste Fakultätssitzung waren drei Studenten gekommen, die unter Tränen ihren illegalen Status offenlegten. "Sie waren verzweifelt, weil sie nicht wussten, ob sie ihr Umfeld, ihre Familie und die Universität bald verlassen müssen, um in ihre sogenannte Heimat zurückzukehren."

Studenten können im Ernstfall in "private Bereiche" ihrer Uni flüchten

Mit dem Attribut "Sanctuary" verbindet sich die Hoffnung, dass Universitäten solche Abschiebungen tatsächlich verhindern könnten, etwa indem sie Beamte der Zuwanderungsbehörde ICE nicht auf das Campusgelände lassen. Wie aber langfristig der Zugriff der Behörden verhindert werden sollte, ist nicht klar. Nur 28 der ungefähr 4500 Hochschulen in den USA deklarierten sich offiziell als Sanctuary Campus. Das Konzept sei rechtlich nicht genau definiert, erklärten Universitätspräsidenten ihre Entscheidung gegen den Sanctuary Campus. Deutlicher wurde Rebecca Blanc, Kanzlerin der University of Wisconsin at Madison. "Universitäten können sich der staatlichen und föderalen Gesetzgebung nicht so einfach entziehen", sagte sie. Viele befürchten außerdem, staatliche Zuschüsse zu verlieren.

Die meisten Universitäten haben dennoch sogenannte "Sanctuary Policies" zum Schutz ihrer Studenten ergriffen, etwa indem sie kostenlose Rechtsberatung für undokumentierte Studenten bieten. Aber auch in der direkten Konfrontation mit dem ICE sind die Universitäten nicht machtlos. Verwaltungen können Datenanfragen der Studenten mit Hinweis auf deren Persönlichkeitsrechte ablehnen. Zudem kann die Universität "private Bereiche" am Campus ausweisen, zu denen die Beamten nur Zutritt erhalten, wenn sie einen richterlichen Haftbefehl vorweisen können. Ruth Berktold berichtet, dass ihre Fakultät Seminarräume mit den Aufklebern "Sanctuary Rooms" gekennzeichnet habe, in die sich Studenten im Ernstfall flüchten könnten. Ähnlich wie beim Kirchenasyl können Abschiebungen so verzögert, aber nicht verhindert werden.

"Jeder zweite hat Angst, dass er abgeschoben wird, jeder dritte, dass er kein Visum bekommt."

Studentenorganisationen halten weiter am Konzept des Sanctuary Campus fest. Die Deklaration habe einen wichtigen symbolischen Wert, erklärte die Dozentin Brittany Bronson jüngst in der New York Times. Mehr als in dem Bastionsgedanken scheint jedoch das Widerstandspotenzial des Sanctuary Campus im handfesten Rechtsbeistand und der - auch subversiven - Behinderung des ICE zu liegen. In Atlanta programmierten Studenten kürzlich die App Melt Ice, die Studenten benachrichtigen soll, sobald sich Beamte des ICE auf dem Campus befinden.

Am 15. Juni hat Donald Trump angekündigt, dass das DACA nicht aufgehoben wird. Studenten ohne regulären Status können aufatmen, auch wenn sie nicht mehr so recht an ihre Sicherheit glauben wollen. "Die Stimmung ist sehr angespannt" sagt Berktold, "jeder zweite hat Angst, dass er abgeschoben wird, jeder dritte, dass er kein Visum bekommt." Ach ja, Visum. Letzte Woche traten die Visumseinschränkungen für Reisende aus sechs muslimischen Staaten in Kraft. Schon im Januar hatten Forschungsreisende in Iran Probleme bei der Rückkehr. Es bleibt abzuwarten, ob die Ansage des Supreme Court, Studenten von den Regelungen auszunehmen, da wirkt. Unter Donald Trump werden Universitäten wichtige Instanzen politischen Widerstands bleiben.

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