Ukrainisches Tagebuch (XLVI):In einem Wort: erbärmlich
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Über das merkwürdigen Verhalten Wladimir Putins zur Kriegszeit eine Betrachtung - auch aus linguistischem Interesse
Gastbeitrag von Oxana Matiychuk
In den vergangenen Wochen war fürs Schreiben keine Zeit. Gefühlsmäßig ging es, wie fast immer in den letzten zurückliegenden Wochen, auf und ab. Ein positives Gefühl hinterließ die Begegnung mit M., dem Stellvertreter der Gemeinde Mamajiwzi. In einer Ortschaft dieser Gemeinde soll ein Kinderspielplatz entstehen, den wir aus den Mitteln des "Brot und Bücher e. V." mitfinanzieren können.
Mamajiwzi als Zentrum der Gemeinde ist ein Ort unmittelbar vor Czernowitz, der schon immer, auch in der sowjetischen Zeit, zu den reichsten in der Region zählte. Nach der Gemeindereform fusionierte er mit mehreren anderen Dörfern. Nicht alle Menschen in den kleineren strukturschwächeren Dörfern waren davon begeistert. Doch in diesem konkreten Fall wird es für den Ort Strilezkyj Kut vorteilhaft. M. erzählt, dass es dort nie einen Spielplatz für Kinder gab. Ich kenne das von meiner Kindheit auf dem Land und den Ferien bei der Oma sehr gut - in den Dörfern waren Gemüsegärten, Weideflächen für Kühe, Wiesen oder Ähnliches "Spielplätze" für Kinder. Spielend arbeiten lernen, das war das Motto der hart arbeitenden Menschen auf dem Land. Die Idee für den Spielplatz in Strilezkyj Kut, wo jetzt fast fünfzig Kinder aus den geflüchteten Familien leben, wurde von vielen Eltern enthusiastisch aufgenommen. In der Gemeinde gibt es ein kleines Unternehmen, das Kinderspielplätze in verschiedenen Ausführungen herstellt. Das alles erzählt mir M., während wir gemeinsam zur Bank fahren, wo ich die Bezahlung mache. M. macht einen guten Eindruck - ein engagierter, gebildeter junger Mann, der offensichtlich viel Freude damit hat, was er macht und bewegt. Wir verbleiben damit, dass er uns Bescheid gibt, wenn der Spielplatz aufgebaut ist und S. und ich ihn besichtigen können.
Als wollte man Ukrainerinnen und Ukrainern nicht nur die Freude, sondern nach Möglichkeit auch viele Leben nehmen
Ein weiterer Anlass für Freude war die ersehnte Sondergenehmigung für drei männlichen Kollegen, die von der Militärverwaltung Chmelnyzkyj ausgestellt wurde. Am Samstag nutzten wir die Möglichkeit, wieder im rumänischen Suceava einzukaufen. Kein besonders angenehmes Unterfangen bei der großen Hitze und den Riesenschlangen an der Grenze in beide Richtungen. Zwar müssen wir als humanitärer Transport nicht lange warten, sind aber nach vierzehn Stunden Unterwegssein, Ein- und Ausladen ziemlich k.o. Am Montag erzählt S., er habe danach zwölf Stunden geschlafen.
Auch auf höchster politischer Ebene gab es einen Anlass zur Freude, erhielt doch die Ukraine am 23. Juni den Status des EU-Beitrittskandidaten. Russland, dass "nichts gegen einen Beitritt der Ukraine in die EU hat", "begrüßt" diese Entscheidung durch massive Raketenangriffe in vielen Regionen der Ukraine. Als wollte man Ukrainerinnen und Ukrainern nicht nur die Freude, sondern nach Möglichkeit auch viele Leben nehmen. In Tscherkassy, wo es sonst relativ ruhig war, wird ein Infrastrukturobjekt getroffen, meine Freundin M. schickt mir ein Foto ihres Vaters. Es gibt einen Toten und mehrere Verletzte. Aus Mykolajiw schreibt meine Bekannte W. nach den Nachtangriffen "Wir leben, keine Sorge" - diesen Satz schreibt sie in den letzten Wochen öfter. Jedoch gibt es auch dort Tote. Und als das Einkaufszentrum in Krementschuk getroffen wird, in Flammen aufgeht und Dutzende Menschen sterben oder verletzt werden, kommentiert der Kremlchef in seiner üblichen zynischen Art: "Es gab dort keinen Terrorakt, keine Explosion ... ich weiß und wir zeigen das ja immer, Waffen werden oft in Wohnvierteln versteckt, aber wir schießen nie so einfach auf die Felder." Die Aufnahme, die auf dem Kaspischen Gipfel von der russischen Nachrichtenagentur MOW veröffentlicht wurde, sollte man sich am besten sparen, wenn man seine Nerven bewahren möchte. Der Mann kann kein einziges komplexes Satzgefüge artikulieren, woran auch immer das liegen mag. Ich schaue mir das Video dreimal an, auch aus professionellem linguistischen Interesse (klingt pervers, ich weiß). Ich habe für diesen Mann, der eine "Weltmacht" repräsentieren soll, nur ein Wort: erbärmlich.
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Als Leiterin der ukrainisch-deutschen Kulturgesellschaft Czernowitz und Gründerin des Zentrums Gedankendach wird Oxana Matiychuk am 3. Juli im Rahmen des 14. Empfangs für Heimatvertriebene und Flüchtlinge der bayerischen SPD-Landtagsfraktion mit der Ehrung "Brückenbauer" ausgezeichnet.