Krieg in der Ukraine:Ein Buch zum Trost

Krieg in der Ukraine: Lesen hilft, Vorlesen aber noch viel mehr: Flüchtlinge aus der Ukraine am Bahnhof von Warschau.

Lesen hilft, Vorlesen aber noch viel mehr: Flüchtlinge aus der Ukraine am Bahnhof von Warschau.

(Foto: Imago/NurPhoto)

Eine Hörbuch-App lässt ukrainische Väter und Großeltern Kindern Bücher vorlesen - auch wenn sie durch Krieg und Flucht weit voneinander entfernt sind.

Von Kathleen Hildebrand

Vorlesen ist wichtig, das ist klar. Kinder lernen so leichter selbst lesen, sie werden an Literatur herangeführt, es stärkt die emotionale Intelligenz. Alles längst bekannt. Aber neben der Bildungsförderung hat es auch noch eine andere Wirkung, die vielleicht noch wichtiger ist. Vorlesen verbindet, es schafft Nähe und ein Gefühl von Geborgenheit. Wer vorliest, sagt auch: Alles ist in Ordnung, schlaf nur schön ein.

Kinder, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen sind, brauchen davon besonders viel - sie vermissen ihre Väter, Großeltern, Onkel und Tanten, die viele hundert Kilometer entfernt sind. Eine Initiative, die Olena Selenska auf den Weg gebracht hat, die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij, bringt nun beides zusammen. Sie heißt "Better Time Stories", also ungefähr: "Geschichten aus besseren Zeiten", und funktioniert so: Mit einer Handy-App können Verwandte ihre Stimme beim Vorlesen eines Kinderbuchs aufzeichnen. Das Kind kann die Aufnahme dann abspielen, kann einfach nur zuhören oder dabei selbst im gedruckten Buch blättern. Dazu wurden fünf aktuelle Bilderbücher von ukrainischen Autoren und Illustratoren ausgesucht, deren Themen ins Leben geflohener Kinder passen. Sie handeln vom Ankommen ("Das Bison sucht ein Nest" von Oksana Bula), von Optimismus in Kriegszeiten ("Der Krieg kommt nach Rondo" von Romana Romanyschyn und Andrij Lessiw) und, ganz klassisch, vom Einschlafen.

Die Prinzessin der Niederlande Laurentien van Oranje und die First Ladies von Deutschland und Österreich machen Werbung für die Hörbuch-Initiative: Wer sie unterstützen will, spendet 15 Euro für ein Paket, in dem alle fünf Bücher enthalten sind.

"Better Time Stories" ist die jüngste von mehreren Initiativen, die geflohene Kinder aus der Ukraine mit Büchern trösten wollen. Im Frühling haben der Europäische Verlegerverband und die Kinderbuchmesse Bologna eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. Sie hilft dem Ukrainischen Buchinstitut Geld zu sammeln, um Hunderttausende ukrainische Kinderbücher für Drei- bis Siebenjährige in der Europäischen Union drucken zu lassen. Den Anstoß für das Projekt hatten Bibliothekare in Lwiw gegeben: Polnische Kollegen hatten sie schon in der zweiten Kriegswoche gebeten, ihnen Bücher für die Geflüchteten zu schicken. Aber Bücher durch überfüllte Grenzposten ins Ausland zu bringen, war schwierig. Hinzu kam, dass die ukrainische Stadt Charkiw, in der sich die wichtigsten Druckereien des Landes befinden, von Beginn des Krieges an besonders starken russischen Bombenangriffen ausgesetzt war. Sie im Ausland nachdrucken zu lassen, war der einfachere und schnellere Weg.

Mit den Büchern will die Initiative "Books without Borders" (Bücher ohne Grenzen) den Kindern in der Fremde ein Stück ihrer Heimat in die Hand geben. "Diese Kinder brauchen Trost, diese Kinder müssen Kinder bleiben dürfen, sie müssen spielen, lernen, lesen", hieß es im März in der Pressemitteilung. Mit den Spendengeldern konnte das Ukrainische Buchinstitut bisher schon 20 000 Bücher drucken und verteilen.

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