Übersicht:Die Löcher im Netz der freien Medien

Sagen, was man denkt. Schreiben, was man will. Oder einfach eine E-Mail schicken - in manchen Ländern wird das mit Gefängnis bestraft.

Weißrussland

Die schwarzen Löcher des weltweiten Netzes

Die schwarzen Löcher des weltweiten freien Medien-Netzes

(Foto: Foto: Reporter ohne Grenzen)

Das Regime nutzt sein Kommunikationsmonopol, um Webseiten oppositioneller Gruppen zu blockieren - besonders während des Wahlkampfes. Präsident Alexander Lukaschenko lehnt Kritik kategorisch ab, wie die Schikanierung Jugendlicher im August 2005 zeigte, die satirische Zeichnungen online veröffentlicht hatten.

Burma

Das Land gehört zu den größten Feinden der Freiheit im Internet. Seine Politik ist in vielerlei Hinsicht schlimmer als die Chinas. Die Preise für Computer und Internetanschlüsse sind unerschwinglich teuer und Internetcafes werden vom Militärregime strengstens überwacht. Wie in den Nachbarländern China oder Vietnam ist der Zugang zu oppositionellen Seiten blockiert - die dafür notwendige Technik liefert die US-amerikanische Firma Fortinet. Burmas Zensur ist außerordentlich - Email-Dienste wie Hotmail oder Yahoo! können überhaupt nicht benutzt werden und alle Computer eines Internetcafes speichern alle fünf Minuten die besuchte Seite.

China

China gehört zu den ersten Staaten, die die Wichtigkeit des Internets und dessen Kontrolle erkannten. Es ist auch eines der wenigen Ländern, dem es gelang, einerseits das Internet durch die Blockade regierungskritischer Seiten "sauber zu halten" und andererseits die Zahl der Nutzer zu erhöhen (mehr als 130 Millionen Chinesen nutzen das Internet). Das Rezept besteht aus einem cleveren Mix aus Technik, Repression und diplomatischen Vorgehen. Neben einer effektiven Überwachungs- und Zensurtechnik gelingt es dem Regime auch, seine Nutzer so einzuschüchtern, dass sie ihr eigenes Material zensieren. China hat die höchste Zahl von inhaftierten "Cyber-Dissidenten"; 62 Personen sitzen wegen "Online-Vergehen"im Gefängnis.

Vietnam

Der Staat verfolgt ähnliche Methoden wie China, allerdings weniger ideologisch rigide, da das Regime nicht über das Geld und die Technik Chinas verfügt. "Subversive" Inhalte werden gefiltert und Internetcafes überwacht. Cyber-Dissidenten werden inhaftiert; drei sitzen seit über drei Jahren im Gefängnis, weil sie sich online für mehr Demokratie ausgesprochen hatten.

Kuba

Das Regime Fidel Castros war lange Zeit Spezialist, wenn es um Telefonüberwachungen ging. Was das Internet betrifft, ist die kubanische Regierung ähnlich geschickt. Da das chinesische Modell (Ausweitung des Internets und gleichzeitige Überwachung) zu kostspielig ist, verwehrt das Regime seinen Bürgern einfach den Internetzugang ganz. In Kuba online zu sein, ist ein seltenes Privileg und erfordert eine spezielle Genehmigung der kommunistischen Partei. Falls es einem User doch gelingen sollte, illegal ins Internet zu gelangen, findet er dort eine stark zensierte Version vor.

Iran

Das Informationsministerium brüstet sich damit, mehr als hunderttausend Webseiten zu blockieren. Dazu gehören in erster Linie Angebote, die irgendwie mit Sex zu tun haben, aber auch Anbieter unabhängiger Nachrichten. Zwischen Herbst 2004 und Sommer 2005 wurden mehrere Blogger inhaftiert. Einer von ihnen, Mojtaba Saminejad, 23, sitzt seit Februar 2005 im Gefängnis. Im Juni vergangenen Jahres wurde er wegen Beleidigung des Höchsten Führers, Ayatollah Ali Chamenei, zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt.

Libyen

Mit etwa einer Million Internet-Nutzern (ein Sechstel der Bevölkerung) könnte Libyen ein Modell für die Verbreitung des Internets in der arabischen Welt sein. Allerdings gibt es in dem Land keine unabhängigen Medien - das Internet wird kontrolliert, alle Seiten regimekritischer Dissidenten und Exilanten werden blockiert. Neuerdings werden auch Cyber-Dissidenten gezielt verfolgt, wie das Beispiel des Buchhändlers Abdel Razak al-Mansouri zeigt, der auf einer Londoner Webseite satirische Artikel veröffentlicht hatte. Er wurde im Oktober zu einer 18-monatigen Haftstrafe wegen "unerlaubten Waffenbesitzes" verurteilt.

Nepal

Nachdem König Gyanendra im Februar 2005 an die Macht gelangte, war seine erste Amtshandlung, das Land vom Internetzugang abzuschneiden. Zwar wurde dieser mittlerweile wieder hergestellt, aber das Regime kontrolliert noch immer die meisten oppositionellen Publikationen, insbesondere die der Maoistischen Rebellen. Blogger, die über Politik oder Menschenrechte diskutieren, stehen unter konstantem Druck der Behörden.

Saudi-Arabien

Die mit dem "Saubermachen" beauftragte Regierungsbehörde, Internet Service Unit (ISU), blockiert nach eigenen Angaben über 400.000 Seiten, um seine Bürger vor Inhalten zu schützen, die islamische Prinzipien und soziale Konventionen verletzen. Die blockierten Seiten haben in erster Linie mit Sex, Politik oder Religion zu tun (ausgenommen solche Seiten, die den von der Regierung vertretenen Islam propagieren). Die Zensur betrifft in erster Linie Blogger. Die Seite Blogger.com konnte im Oktober 2005 mehrere Tage lang nicht aufgerufen werden.

Syrien

Die Hoffnungen auf mehr Freiheit nach dem Regierungsantritt von Präsident Baschar el-Assad wurden enttäuscht.

Die Löcher im Netz der freien Medien

Das Regime begrenzt den Internetzugang auf eine Minderheit privilegierter Personen, filtert das Web und überwacht sehr genau die Online-Aktivitäten. Ein kurdischer Journalismus-Student sitzt im Gefängnis, weil er auf einer ausländischen Webseiten Fotos einer Demonstration in Damaskus veröffentlicht hatte. Ein anderer User kam nach zwei Jahren Haft für das Senden einer Email an einen ausländischen Newsletter im August 2005 frei. Beide User wurden im Gefängnis gefoltert.

Malediven

Das Archipel ist ein Paradies für Touristen und ein Alptraum für Cyber-Dissidenten. Das seit 25 Jahren herrschende Regime von Präsident Maumoon Abdul Gayoom beschränkt das Recht auf freie Meinungsäußerung enorm. Mehrere oppositionelle Webseiten werden gefiltert und eine von vier im Jahr 2002 inhaftierten Personen sitzt noch immer Gefängnis. Der Mann hatte an einem Email-Newsletter mitgearbeitet. Eine britische Firma, Cable & Wireless, kontrolliert den Internetzugang des Landes.

Tunesien

Präsident Zine el-Abidine Ben Ali, dessen Familie ein Monopol auf Internetzugang besitzt, hat ein hocheffektives Zensursystem installiert. Alle oppositionellen Publikationen werden blockiert, darunter viele Nachrichtenseiten. Das Regime versucht außerdem, User zu entmutigen, Webmail-Programme zu benutzen. Diese sind schwerer auszuspionieren als Standard-Mailprogramme wie Outlook. Die Webseite der Reporter ohne Grenzen ist nicht aufrufbar. Die Regierung inhaftiert auch Cyber-Dissidenten. Im April 2005 wurde der pro-demokratische Anwalt Mohammed Abbou zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, weil er den Präsidenten online kritisiert hatte. Trotzdem scheint Tunesien von der internationalen Gemeinschaft gut bedacht zu sein, da es von der Internationalen Telekommunikation Union zum Gastgeber des Weltgipfels der Informationsgesellschaft (WSIS) im November 2005 gewählt wurde.

Turkmenistan

Unter der Diktatur des megalomanischen Stalinisten, Präsident Neparmurad Nyazov, gibt es keine unabhängigen Medien. Wie in Kuba und Nordkorea hat das Regime eine radikale Einstellung gegenüber dem Internet und hält seine Bürger davon fern - Privatanschlüsse sind verboten. Auch Internetcafes gibt es nicht, nur über bestimmte Firmen und internationale Organisationen ist ein Zugang möglich. Einmal verbunden bekommt der User auch nur eine zensierte Version zu sehen.

Usbekistan

Im Mai 2001 rief Präsident Islam Karimow die "Ära des Internets" aus. Internetzugänge verbreiteten sich rasch und mit ihnen die Zensur. Die staatliche Sicherheitsbehörde bittet häufig ISPS darum, oppositionelle Webseiten vorübergehend zu blockieren. Seit Juni 2005 warnen manche Internetcafes der Hauptstadt davor, Seiten mit pornographischen (Strafe: 5,000 Soms/4 Euro) oder mit politischen Inhalten (10,000 Soms/8Euro) zu besuchen.

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