TV-Serie "24":Tun Sie es für Ihr Land, Jack!

So ändern sich die Zeiten: Die neue Staffel will Jack Bauer nicht mehr einfach so machen lassen: Er wird der Folterei geziehen - und schmort fast ein wenig in Selbstzweifeln.

Fabian Soethof

Jack Bauer war der Welt schon immer um ein paar Stunden voraus. In 24, der Emmy- und Golden Globe-ausgezeichneten Echtzeitserie, verhalf er der USA zu einem schwarzen Präsidenten, als Barack Obama noch ein unbekannter Senator in Illinois war. Immer dann, wenn die halbe westliche Zivilisation vor dem Terrorismus aus Nah-, Mittel-, oder Fernost (von den korrupten Verrätern in der eigenen Regierung ganz zu schweigen) zu kapitulieren drohte, stellte sich der von Kiefer Sutherland in Los Angeles gelebte Held über das Gesetz, um die Gesetzlosen zu besiegen.

TV-Serie "24": Muss sich den neuen Zeiten anpassen: Kiefer Sutherland als Jack Bauer in der Serie "24".

Muss sich den neuen Zeiten anpassen: Kiefer Sutherland als Jack Bauer in der Serie "24".

(Foto: Foto: rtr)

Jetzt aber, zu Beginn der am Sonntag in den USA und am Montag in Deutschland (Premiere) angelaufenen siebten Staffel, wird der Charakter von der Realität eingeholt. Jack Bauer muss sich vor einem Senatsausschuss verantworten. Von Seiten des Staates, dessen Niedergang er ja Staffel für Staffel, bisher sechs sehr lange Tage also, zu vereiteln wusste, wird er der Folter beschuldigt!

Tatsächlich glorifizierten der Sender FOX und das Produzententeam um Joel Surnow in 24 seit der ersten Staffel, die in den USA nur zwei Monate nach 9/11 anlief, fragwürdige Verhörmethoden als Allzweckwaffe, dem Terror ein Schnippchen zu schlagen. Die Bedrohung schien allgegenwärtig, der Zweck heiligte viele Mittel, Bauer, dieser Chuck Norris der Generation Superagent, hat die Welt bisher noch immer gerettet. Der Wandel in der Arbeitsphilosophie seiner Counter Terrorist Unit aber bedeutet nicht allein eine Reaktion auf den Zuschauereinbruch der schwachen sechsten Staffel oder den Streik der Drehbuchautoren - er manifestiert das Unwohlsein mit George W. Bushs brachialer Außenpolitik im amerikanischen Fernsehen.

Vor rund zwei Jahren bekamen die Produzenten der Serie Besuch von einer Delegation aus Armeevertretern und Menschenrechtsaktivisten. Zum einen hätte Jack Bauer, so verstörend das auch sein mag, mehr Einfluss auf junge Rekruten als ihre Ausbilder selbst. Zum anderen schüre die Darstellung ein hässliches Bild von Folter als Wunderwaffe gegen den Terror und legitimiere dadurch weiterhin die Kriegspolitik der Bush-Regierung.

Vom Übermenschen zum Normalo

Obama wird sich nach Inauguration noch expliziter als Feind von Guantanamo Bay und Abu Ghraib bekennen als bisher. Auch die immer noch geschätzten 13 Millionen 24-Zuschauer wollen die Folter nicht mehr sehen. Der geläuterte Bauer war deshalb gut beraten, in seinem Plädoyer einzulenken: "Zum Schutz unseres Landes schufen wir zwei Welten - unsere und die der Menschen, die wir zu beschützen vorgaben". Sein Wandel vom Übermenschen zum "one of us"-Agenten bleibt fremdbestimmt. Bauer sagt: "Sie haben es verdient, die Wahrheit zu erfahren. Dann können sie entscheiden, wie weit sie uns gehen lassen."

Sollte die Folter also wider Erwarten ein zentrales Element in 24 bleiben, verhieße das womöglich wenig Rückhalt für Obamas Politik in der eigenen Bevölkerung. Da wäre die Serie aber ohnehin schon wieder zwei Schritte voraus: der nächste Präsident ist eine Frau.

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