TV-Kritik: ZDF-History-Quiz:Im ZDF siegen die Katholiken

Im "History-Quiz" des ZDF ließen Katholiken den gegnerischen Protestanten keine Chance. Daran änderten Spielleiter Knopp und Hausprediger Peter Hahne nichts.

Alexander Kissler

Noch vor schlappen 350 Jahren hätte diese Paarung Blutvergießen bedeutet und Gemetzel. Später dann, im Kaiserreich, wäre es ein bitterer Streit gewesen um die Macht im Staate: "Katholiken gegen Protestanten".

TV-Kritik: ZDF-History-Quiz: Der "Geschichtspapst" Guido Knopp freute sich beim ZDF- Geschichtsquiz über das "solide barocke Weltwissen der Katholen"

Der "Geschichtspapst" Guido Knopp freute sich beim ZDF- Geschichtsquiz über das "solide barocke Weltwissen der Katholen"

(Foto: Foto: dpa)

Heute streiten Katholiken gegen Protestanten im "ZDF-Geschichtsquiz aus Berlin". Das muss man wohl einen Fortschritt nennen. Ein zahmer, zäher 45-Minüter ist einem jahrelangen Kampf bis aufs Blut allemal vorzuziehen.

Andererseits zählt das von Strahlemann Markus Lanz mit Remmidemmi in der Stimme eröffnete Spektäkelchen - "Geht's euch gut?" - zu jenen Formaten, denen man ein wenig mehr Kontrast, eine Prise Konflikt, von Herzen gönnte.

Früher hart, heute weich

Ein neuer Dreißigjähriger Krieg oder ein abermaliger Kulturkampf müssen es nicht gerade sein. Aber waren es nicht vergleichsweise muntere Zeiten, als die Konfessionen ihre Herkunft vor sich hertrugen?

In der alten Bundesrepublik prallten die Weltbilder oft hart aufeinander: Hagere Intellektuelle aus protestantischem gegen wohlgenährte, barocke Frohnaturen aus katholischem Stall, Wortseligkeit gegen Ritenfrömmigkeit, dozierende Karfreitags- gegen singende Fronleichnamsmenschen. Was dem einen sein Geist, war dem anderen seine Seele.

Die Hochämter der Ökumene feiert man heute eher unscharf. Man redet weich daher wie Norbert Blüm, der exakt 50 Prozent der katholischen Ratefraktion ausmachte: Liebe Schwester, lieber Bruder, lieber Gott.

Vermutlich hat der ehemalige Arbeits- und Sozialminister die Gelegenheit dankbar beim Schopf ergriffen, zur Primetime im Fernsehen wieder einmal nicht die staatliche Rente erklären, verteidigen, loben zu müssen. Er war ja auch ein engagierter Rater bei "Was bin ich?".

Norbert Blüm räsonierte im ZDF, hektisch die Silben wringend, über den einzigen von vier Weltkriminellen, der nicht zum Ritter der britischen Krone geschlagen worden ist: Mugabe oder Mussolini, Saddam Hussein oder Nicolae Ceausescu?

Katholisches Künstlerpech gewinnt haushoch

Mit Religion hatten die wenigsten Fragen zu tun. Das historische Allgemeinwissen wollten Zeremonienmeister Lanz, der "Klosterschüler aus Südtirol", und der Gottvater der ZDF-Erwachsenenunterhaltung, Guido Knopp, abfragen.

Blüm beugte sich hinüber zu Mitstreiterin Jutta Speidel, plärrte durch das Studio zur protestantischen Fraktion, fragte nach beim Publikum in seinem Rücken. Dann drückte man für Ceausescu, und siehe da: Saddam wäre es gewesen. Katholisches Künstlerpech.

Kurz zuvor hatte Blüm einen Einblick gewährt ins kleine Einmaleins politischer Entscheidungsfindung: "Ich weiß es ja nicht, man kann es nur riskieren." Bedeutet Risikomanagement, von dem zurzeit so viel die Rede ist, also einen Blindflug aus Mangel an Wissen?

Zumindest gab sich das katholische Paar keine weitere Blöße. Es gewann schließlich haushoch mit 48.000 zu 7000 Euro, die die Protestanten erreichten - gespendet vom Gebührengeld des Zweiten Deutschen Fernsehens für wohltätige Zwecke.

Protestantenstolz und Geschichtsklitterung

Die klare Niederlage wurmte besonders Peter Hahne. Der stellvertretende Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios war stolz auf seinen Protestantenstolz und gab mit Hingabe den evangelischen Wadenbeißer.

Für den Theologen, der die Leser von Bild am Sonntag unermüdlich per Kolumne traktiert, war immer dann Schluss mit lustig, wenn er katholische Geschichtsklitterung witterte. Petrus, der erste Papst? I wo, der sei nicht einmal katholisch gewesen. Der Vatikan im Mittelalter? Toll getrieben hätte man es da hinter Mauern, der "Luther-Film" habe es gezeigt.

Rote Kleider und geföhnte Dandys

Rot war übrigens Hahnes Krawatte, und rot war auch das tief ausgeschnittene Kleid seiner lutherischen Nebenfrau, Sonja Zietlow. Die Moderatorin von RTL war sichtlich zufrieden, zur Abwechslung einmal nicht Kakerlaken, Maden, Käsefrüchte aus dem "Dschungelcamp" anmoderieren zu müssen.

Früh entfuhr ihr: "Ich habe null Ahnung." Dann aber riet sie sich zur gewünschten Antwort: Die "Sinatra-Doktrin" habe Gorbatschow befolgt, als er den Staaten des Warschauer Paktes freie Hand gab - eben für "ihren Weg".

Ob damit ein Erkenntnisgewinn erreicht wurde, ist einerlei. Ersonnen nämlich wurde das ganze Format für jene Fernsehlichtgestalt mit der geföhnten Frisur, der dreifach vorgestellt wurde - als "der Mann, der alles weiß", als "der Geschichtspapst" und auch als "Professor Knopp".

Luther das "Allroundgenie"

Der Hochgelobte thronte in der Mitte des Raumes und freute sich sehr, dass auf den Zetteln vor ihm alle Antworten standen. Äquatorbreit wurde sein Lächeln nach jedem Kurzvortrag, energisch bog er den Oberkörper zurück, um triumphierend in die Runde schauen zu können. Martin Luther etwa, wissen wir nun, war ein "Allroundgenie": "Er hat gezeugt, geschrieben, reformiert." Sechs Kinder und eine Bibelübersetzung sind der Beweis.

Als auch die "große Finalrunde" mit acht zu vier an die beiden Katholiken ging, konnte Protestant Knopp nicht anders: Er musste das "solide barocke Weltwissen der Katholen" über den evangelischen Klee loben.

Und dann war endgültig, um mit einem ehemaligen Südtiroler Klosterschüler zu sprechen, "Ende, aus, Micky Maus."

Unmittelbar danach, so heißt es auf dem Mainzer Lerchenberg, warf der Herr Hirn vom Himmel.

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