TV-Kritik: WM-Qualifikation:Unentschieden für Kahn

Vom Rasenplatz ins Studio: Bei seinem ersten Auftritt als Experte mit Johannes B. Kerner im ZDF zeigte Oliver Kahn leicht verdaulichen Fußball-Talk.

Tomasz Kurianowicz

Der Wind pustete in Helsinki, als der Titan, das Urgestein des modernen Fußballsports, Oliver Kahn, den zweiten Teil seiner erfolgsverwöhnten und scheinbar nie enden wollenden Karriere einläutete.

TV-Kritik: WM-Qualifikation: Johannes B. Kerner (l.) und Oliver Kahn präsentierten leicht verdaulich zubereitete Fußballkost.

Johannes B. Kerner (l.) und Oliver Kahn präsentierten leicht verdaulich zubereitete Fußballkost.

(Foto: Foto: dpa)

Das ZDF hatte sich einen profunden Fußballexperten ins Boot geholt, dem sich ein bescheidender Johannes B. Kerner - manch ein Zuschauer wird den Moderatoren eher mit hervorragenden Cannelloni vom Kalbsrücken als mit schmackhaften Sportanalysen assoziieren - fragend gegenüberstellte.

Der ehemalige Co-Moderator Jürgen Klopp, der bei zahlreichen EM-Nationalspielen mit seinen filigranen Fingern über den auskunftsfreudigen ZDF-Bildschirm tänzelte und uns die Fußballwelt erklärte, wird sicherlich einen festen Platz in einschlägigen Fernseh-Chroniken einnehmen. Seine Auswechslung an vorderster Spitze war dennoch eine wenig zu bedauernde Neuerung.

Kameradschaftliche Solidarität

Mit diesem Erbe im Rücken war Kahn sichtlich bemüht, durch Seriosität und Korrektheit aufzutrumpfen, was sein makelloses Outfit, bestehend aus Kragenhemd und Sakko, und sein feiner Sprachstil deutlich markierten. Obwohl er auf die Frage von Kerner, ob er denn Druck verspüre, mit einer klaren Abfuhr antwortete, schien Kahn doch leicht nervös zu sein.

Die Nähe zum fußballerischen Alltagsgeschäft schien in seinen Aussagen immer noch durchzuschimmern. Natürlich nannte Kahn seine Kollegen beim Vornamen, wenn nicht sogar beim Spitznamen ("der Lucas", "der Miro"). Seine Kritik an den ihm vertrauten Spielern aus Bundesliga und Nationalteam blieb meist behutsam, ein nachvollziehbarer Akt kameradschaftlicher Solidarität.

Doch hätte es in der Zwischen- und Schlussbilanz sicherlich derber zugehen können. Die notorisch aufkommende Frage, welche Pointen sich Netzer und Delling nach jenem reibungsvollen Spiel wohl zugeschoben hätten, blieb wie immer eine Appetit anregende Spekulation.

Auch wenn der Verweis auf die Großen der Sportberichterstattung banal erscheint: Ein Quäntchen Scharfsinn, Mut zur Provokation und etwas Showmaster-Talent sind doch die wichtigsten Attitüden eines unterhaltsamen Fußballexperten.

Oliver Kahn hinterließ einen soliden ersten Eindruck - mit zusammengekniffenen Augen und aufeinander gepressten Lippen verlieh er seinen Einschätzungen mimischen Nachdruck. Doch fehlte es letztlich an bissiger Ironie oder intelligentem Humor - was es schwer machte, dem Experten Kahn bis zum Schluss an den Lippen zu hängen.

Leicht verdauliche Fußballkost

Gleichwohl ist die Verpflichtung Kahns als Kommentator ein Gewinn für die Freunde nüchterner Sportunterhaltung, die schlichtweg an korrekten Informationen Interesse haben. Selbst den Parcours am Monitor, an dem Torsituationen besprochen werden, absolvierte Kahn nach anfänglichen Problemen ohne große Bedienungsfehler.

Viel ungewöhnlicher erschien derweil das Gespräch zwischen Johannes B. Kerner und einem emotional durchgerüttelten Jogi Löw, der aufgrund eines turbulenten Spielverlaufs nur stockend die richtigen Worte zu finden vermochte.

Immerhin: Da zeigte sich Oliver Kahn auskunftsfreudiger. Ein 5-Sterne-Gang hat der sportkulinarisch interessierte Zuschauer nicht erlebt, leicht verdaulich zubereitete Fußballkost dafür allemal. Und mit Kerner an der Seite hat Oliver Kahn einen geeigneten Partner gefunden.

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