TV-Kritik: "Wer wird Millionär?":Blamieren und kassieren

Bei "Wer wird Millionär?" hat Günther Jauch wieder Prominente auf die Probe gestellt: Anke Engelke gewann 500.000 Euro, Kaya Yanar machte Quatsch und Frank Plasberg kündigte sein baldiges Outing an - als Brillenträger.

Christian Kortmann

Zuerst die Millionenfrage: Was kreierte der Belgier Luc Luycx? - A: Oscar-Statue; B: Schlümpfe; C: Euro-Münzen; D: Atomium. Anke Engelke, die bis hierhin als Logikerin überzeugt hatte, musste passen und erspielte im Rahmen des RTL-Spendenmarathons 500.000 Euro für einen guten Zweck.

jauch engelke wer wird millionär

So sieht charmante Skepsis aus: Anke Engelke bringt Herrn Jauch zum Lachen.

(Foto: Foto: RTL)

Den Zuschauer interessierte aber weniger das Geld als die Show. Spannung und Wahnwitz steigern sich in den Prominenten-Specials von "Wer wird Millionär?" mit der Schwierigkeit der Fragen, wovon der Dialog an der Millionenschwelle zeugte: "Sie haben ja Netzstrümpfe an", bemerkte Günther Jauch. "Das macht es ja auch ein bisschen erotisch zwischen uns", replizierte Engelke in der ihr eigenen Schlagfertigkeit.

Der größte Makel der gewöhnlichen Ausgaben der Quizshow "Wer wird Millionär?" besteht in ihrer größten Stärke - dem so überlegten wie überlegenen Moderator, dem Mimik-Titanen Jauch. Denn so sehr er sich auch zurücknimmt, stets bemerkt man die Kluft zwischen dem routinierten Medienprofi und dem meist fernsehunerfahrenen Kandidaten auf der anderen Seite.

Auch wenn ihm alle bestens gesinnt sind, in der Laborsituation von "Wer wird Millionär?" wird der Kandidat zwangsläufig gegrillt, von den auf ihn gerichteten Blicken wie den latent ironischen Nachfragen des Quizmasters. Anders als bei Stefan Raabs Ratespiel "Blamieren oder Kassieren", in dem der Gastgeber persönlich antritt, kann sich hier nur einer blamieren: Es ist eine Prüfungssituation, der man nicht immer zusehen möchte.

Schüchtern auf der Wartebank

Anders verhält es sich, wenn in "Wer wird Millionär?" Showprofis Jauch auf Augenhöhe gegenübertreten. Jeder ist hier mit großem Ehrgeiz bei der Sache, da er sich keinesfalls durch Unwissen vor einem Millionenpublikum Blößen geben möchte. Neben Engelke blickten am Donnerstagabend beim 15. Prominenten-Special Polit-Talker Frank Plasberg, Komiker Kaya Yanar und Fernsehkoch Christian Rach mit quizionärem Wagemut dem möglichen Scheitern bei der 50-Euro-Frage entgegen.

So saßen sie anfangs schüchtern aufgereiht auf der Wartebank, Plasberg, dessen Image auf wasserdichtem Informiertsein beruht, angespannt wie ein Studiosus im Examensstress, Engelke wie eine ihrer nervösen Improvisationsfiguren vor der praktischen Führerscheinprüfung.

Kaya Yanar begann und nahm respektlos das Showformat auseinander: "Die Publikumsjoker sind ja gar nichts wert", beschwerte er sich mit gespielter Empörung. Zwischenzeitlich scherzten er und Hinterbänkler Plasberg so eingespielt miteinander, wie es Schmidt & Pocher gerne wären. Doch von den Quizfragen mussten sich alle geschlagen geben, inklusive Moderator, der sich bezüglich ihres Schwierigkeitsgrades verschätzte, und den zur Hilfe gerufenen Telefonjokern.

Frank Plasberg riss prompt seinen schreibenden Kollegen Michael Jürgs mit ins Verderben: Telefonisch wurde dieser soupierend in einem Restaurant angetroffen, wusste aber auch nicht, dass Ödipus mit seinem Vater im Straßenverkehr gestritten hatte. Wenn er auf der rein faktischen Ebene nicht weiterkommt, kann Plasberg blitzschnell auf Showman umschalten, wie er im Esprit-Duell mit Jauch bewies: So kündigte er sein baldiges Outing an - als Brillenträger.

"Sie hören mich also nur?", fragte Jauch. Plasberg: "Ich erkenne Sie an Ihren Fragen, Herr Kerner."

Inmitten solch eloquenter Partner trat Jauchs Stärke als Moderator besonders deutlich hervor: Es gelang ihm, zu jedem Rategast ein spezifisches Verhältnis aufzubauen, das für maximalen Showeffekt sorgte: Als Gegenpol zu Spaßmacher Kaya Yanar gab er sich als entnervter Rationalist und mit Plasberg dem melancholischen Zynismus alternder Männer hin.

Keine Highlights, dafür Kurzweil und gute Laune

Mit Anke Engelke inszenierte er einen kühnen Flirt ("Wie viel sind 14 Zentimeter?") und den von den Fragen leicht überforderten Christian Rach führte er gütig zu 125.000 Euro. Sein außergewöhnliches Talent für Gesprächsführung deutete wieder mal an, welch gute Talkshow mit ihm am Sonntagabend in der ARD entstanden wäre.

Mit den Prominenten-Specials von "Wer wird Millionär?" gelingt RTL, dem Großsender mit dem geringsten Anspruch ans eigene Programm, regelmäßig sehr gute Unterhaltung. Ein Highlight, wie Hape Kerkelings Auftritt als Kunstfigur Horst Schlämmer, gab es am Donnerstag nicht zu bestaunen. Es war ein Fernsehabend, der nichts wollte als kurzweilig zu sein, abseitiges Wissen und einen Schweif guter Laune für Momente im Raum stehen ließ, dann aber getrost vergessen werden durfte.

Ach ja, die Millionenfrage - ein Hinweis: Suchen Sie doch mal in Ihrem Portemonnaie nach Luc Luycx' Initialen.

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