TV-Kritik: Schlag den Raab:Aber bitte mit mehr Sahne

Kandidat Oliver, Professor für VWL, hatte die Schwächen des Gegners genau berechnet. Doch gegen Stefan Raab hatte er nicht nur im Sahneschlagen das unglücklichere Händchen.

Franziska Seng

Wo ist das ganze Geld hingekommen? Menschen mit Rechenschwäche sind in diesen Tage ratlos. Gerade wenn es draußen wieder kälter wird, der Reserveschokoriegel in der Handtasche kein unförmiges Kakaopolster mehr, sondern einen kompakten Quader bildet, scheint dafür der Inhalt des Geldbeutels dahinzuschmelzen: Neue Winterreifen für das Mountain Bike, willkürliche Mützen, Schal- und Handschuhkäufe, irgendwie muss die Ankunft des Novembers gefeiert werden. Auch Stefan Raab hatte am vergangenen Halloweenabend aufzupassen, dass er das Geld zusammenhält.

TV-Kritik: Schlag den Raab: Stefan Raab kickte seinen Herausforderer Oliver mit 71:20 Punkten aus dem "Schlag den Raab"-Studio.

Stefan Raab kickte seinen Herausforderer Oliver mit 71:20 Punkten aus dem "Schlag den Raab"-Studio.

(Foto: Foto: AP)

Kontrastprogramm zum letzten Kandidaten

Gleich zwei Herausforderer in Folge hatten bei "Schlag den Raab" für eine Leere in der Kasse gesorgt, die vielleicht mit Brandenburg zu vergleichen ist: Nino, der 26-jährige Chemie-Doktorand, der den Rekordjackpot von drei Millionen Euro einstreichen konnte sowie Hans-Martin, 24 Jahre, Pharmazie-Praktikant.

Letzterer verspielte mit seinem übermotivierten Auftreten zwar sämtliche Sympathiewerte, doch mit leeren Händen musste auch er nicht nach Hause gehen. Von seinen 500.000 Euro Gewinn kann er sich zum Beispiel ein paar frisch aufgepolsterte, nach harzigem Kaminholz duftende Doppelnamen kaufen, Friedrich-Theoderich, Franz-Josef, Guido-Sylvester, inklusive standesgemäßem Familien- und Freundeskreis.

Welche ausgefallenen Wünsche Oliver aus Hamburg, 41, hegt, hat er nicht verraten. Er sah eigentlich bereits rundum zufrieden aus, als er gegen Stefan Raab in den Ring spazierte. Vergnügt und entspannt bot er das Kontrastprogramm zu Hans-Martin. Vermutlich war sich der Professor für VWL seines Siegs bereits sicher. Schließlich hatte er sich alles daheim bereits fein ausgerechnet.

Man will sie näher kennenlernen

Oliver offenbarte im Einführungsfilmchen sein nicht nur auf den beruflichen Bereich beschränktes Faible für Analysen und Diagramme. Es gibt Zuschauer, die diesen ersten Abschnitt der Sendung, Präsentation und Kür des Kandidaten, überspringen. Sie jedoch verpassen den für den passionierten Menschenbeobachter (und wer rühmt sich heutzutage nicht, ein solcher zu sein?) interessantesten Teil des Abends.

Zu sehen sind in diesen Filmchen offensichtlich reale Personen, wie man sie sonst nur aus Sonntagsfilmen kennt: Sie sind vielseitig erfolgreich, sehen passabel aus und erscheinen gleichzeitig sympathisch, einfach und auf dem Boden geblieben. Sie verfügen über perfekt funktionierende Körper, hüpfen lachend über Baumstämme, ihre Schuhsohlen quietschen vergnügt durch abendliche Turnhallen.

Sie fliegen Kampfjets, sind gebildet und haben Visionen. Die gestrige Bewerberin Patrycia etwa, 30, Unternehmerin, "liest gern und viel" und möchte mit ihrem Gewinn "stilvoll in Las Vegas heiraten". Man will Patrycia näher kennen lernen und fragen, in welchem Buch sie gelesen hat, wie man in Las Vegas stilvoll heiraten kann. Die klassische Las-Vegas-Lektüre beschränkt sich ja eher auf Monsterpartys und Probleme bei der Parkplatzsuche. Doch Oliver machte gestern das Rennen.

Erfahren Sie auf der nächsten Seite, warum das actionreichste Spiel des Abends wider Erwarten nicht Autocross war.

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