TV-Kritik: Die Model-WG:Ich werde Topf-Model

Scripted Reality deluxe: Möchtegern-Models leben für Pro Sieben in einer WG, die es so niemals geben würde. Ohne Heidi Klum geht das aber nicht. Eine kleine Nachtkritik.

Ruth Schneeberger

Es gilt wohl als Traum vieler einsamer Herren, einmal im Leben Mäuschen spielen zu dürfen in einer waschechten Model-Wohngemeinschaft. Wo elfenzarte Wesen sich auf riesigen Sofas räkeln und ihre begnadeten Körper lasziv durch die Wohnung schlängeln, während sie mit ihrer Agentin telefonieren, die ihnen gerade einen Job auf den Bahamas an Land zieht.

TV-Kritik: Die Model-WG: Da schau her: Peyman Amin inmitten der Mädchen aus der Model-WG.

Da schau her: Peyman Amin inmitten der Mädchen aus der Model-WG.

(Foto: Foto: dpa)

Was passiert, wenn dieser Traum auf die brutale Wirklichkeit trifft, zeigt Pro Sieben von nun an donnerstags in sieben Folgen der Sendung Model-WG.

Wer womöglich darauf gehofft hatte, er würde auch keifende Jungmädchen, Zicken-Terror und unvorteilhafte Foto-Aufnahmen zu sehen bekommen, um anstelle voyeuristischer Genüsse wenigstens etwas zum Lachen zu haben, der wird hier ebenso enttäuscht.

Die "neue Sendung" ist schlicht ein lauer Aufguss von Heidi Klums Germany's Next Topmodel - mit alten Kandidatinnen und weniger Wettbewerb.

Verpflichtet wurden vier Klum-Ex-Kandidatinnen, an die sich GNT-Fans mit gemischten Gefühlen erinnern: Tessa, die sich stolz einen Ruf als "Zicke" erarbeitete; Sarina, die stets den süßen Tollpatsch geben muss; Larissa, die das Wort Wettbewerb sehr genau zu nehmen schien; und Anni, die nach eigenen Angaben eine "kleine Hauptrolle" in der Sat-1-Vorabendserie Anna und die Liebe ergattert hat, dort in Wahrheit aber nur ab und zu durchs Bild flaniert.

Des Weiteren eine Kandidatin namens Denise, an die sich niemand erinnert, nicht einmal ihre Kolleginnen, was die Begrüßung im Kölner Model-Loft etwas kühl ausfallen ließ. Und ein Mädchen, das gar keine Model-Kandidatin war, dafür aber ein echtes Model zu sein scheint, weshalb sie die ganzen Jobs abgreift, was in der ersten Folge schon für leichten Unmut sorgt: Aline Annabelle ist auch dabei.

So weit, so weitgehend unspektakulär. Keine Spur davon, dass etwa Tessa ihrem schwierigen Ruf nachkäme und eine Kollegin mit der Bratpfanne attackieren würde, wie schon Monate im Voraus von Bild vermeldet worden war.

Lesen Sie auf Seite 2, warum gute oder auch nur mittelprächtige Unterhaltung eben doch etwas anderes ist.

"Schlaf gut und "süße Träume"

Erstens wünschen sich die Damen beim Zubettgehen "süße Träume" und bereiten sich beim Aufstehen gegenseitig Rührei zu, gehen also geradezu vorbildlich miteinander um. Zweitens ist die angeblich bratpfannengeschädigte Sarah Knappik (besser bekannt als unzertrennliche Freundin der unverbesserlichen Blondine Gina Lisa) in dieser Show gar nicht dabei.

Was nicht ist, kann aber noch werden: Kündigt doch Larissa zum Schluss der ersten Folge bei einem "ernsten Gespräch" mit Model-Agent Peyman Amin an, eventuell doch lieber ihr Abi machen als in einem Köln-Ehrenfelder 400-Quadratmeter-Loft mit leeren Ikea-Bilderrahmen herumhängen zu wollen, so sehr sie dies eigentlich auch wünsche. Und der Model-Agent versichert eifrig, dass es ausgeschlossen sei, nach dem Abitur zurückzukehren in die Model-WG.

Das sollten sich alle Abiturientinnen mit Model-Ambitionen mit wasserfestem Edding hinter die hübschen Lauscher schreiben - und Pro Sieben sollte noch mal darüber nachdenken, wie das so oft versprochene "Entertainment" funktioniert.

Zwar hat sich der Privatsender mit diesem Anlauf von der offenbar doch etwas schwierigen Heidi Klum emanzipiert, indem er eine Model-Show einfach ohne die selbsternannte Model-Mutti ins Leben ruft.

Peyman Amin scheint auch gleich die Quittung dafür erhalten zu haben, indem er vor wenigen Tagen erfahren durfte, als Juror bei Germany's Next Topmodel rausgeflogen zu sein. Auch der "starke Werbepartner", den der Sender mit ins Boot geholt hat, ist schon mit dem deutschen Topmodel aneinandergeraten und kündigte 2005 eine Kampagne mit der damals schwangeren Klum auf.

Nun zeichnet der Otto-Versand für ziemlich nervige Dauerwerbesendungen zwischen den Sendeblöcken verantwortlich.

Aber gute oder auch nur mittelprächtige Unterhaltung ist eben doch etwas anderes. Da sollte schon etwas passieren, außer dass Model-Anwärterinnen - Überraschung! - um Model-Jobs konkurrieren. Das war selbst bei GNT aufregender.

Mit anzusehen, wie sich Möchtegern-Models Hautunreinheiten überschminken, Blondinen mit Töpfen hantieren oder dass eine 16-Jährige sich heulend "gerade nicht so wohl fühlt" in ihrem Körper, das erwartet man dann doch eher auf RTL 2 um Mitternacht als auf dem besten Sendeplatz bei Pro Sieben. Es braucht keine Bratpfanne, aber es braucht neue Ideen für eine neue Show.

Vielleicht mal ein Thema für ein echtes Model-Abitur.

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